Solarstrom für E-Autos: Die Reine Kraft der Sonne
- Hartmut Schumacher
- vor 11 Minuten
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Photovoltaik vollbringt ein kleines Wunder. Diese Technik wandelt Sonnenlicht in elektrischen Strom um. Die für diesen Zweck nötigen Solarzellen sind in den vergangenen Jahren leistungsfähiger, langlebiger und auch preisgünstiger geworden. Das macht Photovoltaik heute zu einem wichtigen Baustein der Energiewende.

Denn beim Betrieb von Photovoltaikanlagen entstehen keine Treibhausgase. Und die Menge der Treibhausgase, die bei der Herstellung derartiger Anlagen entstehen, ist so klein, dass sie durch die saubere Stromerzeugung während der langen Nutzungsdauer einer Solaranlage sehr schnell kompensiert wird. Konkret entstehen bei Photovoltaik über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage lediglich etwa 48 Gramm Treibhausgase pro kWh. Bei Kohlekraftwerken sind es 820 Gramm, bei Wasserkraftwerken 24 Gramm.
Zwei Kategorien
Im Jahr 2024 war die Photovoltaik laut dem Statistischen Bundesamt für knapp 14 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms verantwortlich. Im Jahr 2030 werden es einer Prognose des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zufolge etwa 30 Prozent sein.
Prinzipiell lassen sich Photovoltaikkraftwerke in zwei Kategorien unterteilen – die sich voneinander hauptsächlich durch ihre Größe und durch ihre Betreiber unterscheiden: Freiflächenanlagen und Dachanlagen.
Module auf geeigneten Flächen
Bei Freiflächenanlagen handelt es sich um Photovoltaikkraftwerke mit besonders hoher Leistung, die meist von Energiekonzernen, spezialisierten Unternehmen, Kommunen oder Genossenschaften betrieben werden. Errichtet werden derartige Anlagen auf geeigneten freien Arealen, die beispielsweise früher für den Abbau von Braunkohle oder industrielle Zwecke verwendet wurden. Oder auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen dann in Form von Agriphotovoltaik der Anbau von Pflanzen und die Erzeugung von Strom gleichzeitig stattfindet. Charakteristisch für derartige Anlagen ist die zentrale Einspeisung des erzeugten Stroms in das öffentliche Netz.
Die beiden größten Freiflächenanlagen in Deutschland sind der Energiepark Witznitz in Sachsen mit der Leistung von 650 MW und der Solarpark Weesow-Willmersdorf in Brandenburg mit einer Leistung von 187 MW. In Österreich liegt der burgenländische Sonnenpark Tadten-Wallern mit der Leistung von 164 MW vorn.
Fehlende Grundlastfähigkeit
Die größte Herausforderung liegt bei Photovoltaikanlagen darin begründet, dass diese keineswegs grundlastfähig sind. Das heißt, sie können nicht rund um die Uhr konstant Strom liefern. Vielmehr ist die Menge ihrer Energieproduktion von der Stärke des Sonnenscheins abhängig – und somit von der Tageszeit, dem Wetter und der Jahreszeit. Bei starker Bewölkung oder in der Nacht ist die Stromproduktion stark reduziert – oder sie fällt ganz aus. Deshalb können Photovoltaikanlagen den dauerhaften Mindestbedarf an Strom – also die sogenannte Grundlast – keinesfalls alleine abdecken. Daher müssen im Strommix zwingend auch grundlastfähige Energielieferanten wie Kohlekraftwerke und Laufwasserkraftwerke enthalten sein.
Um die Flexibilität und damit den Nutzen von Freiflächenanlagen zu erhöhen, werden immer mehr dieser Anlagen mit Energiespeichern ausgerüstet. Diese ermöglichen es, den tagsüber erzeugten überschüssigen Solarstrom konsequent zu sammeln und bei Bedarf, also nachts oder bei starker Bewölkung, abzugeben. Dies dient auch dazu, das Stromnetz vor Überlastungen zu schützen, die auftreten würden, wenn bei starkem Sonnenschein der produzierte Strom unkontrolliert in das Netz eingespeist würde. Die Alternative zum Einsatz von Speichern ist in solchen Fällen das Herunterregeln – in der Fachsprache: Abregeln – der Photovoltaikanlage. Das erscheint den Betreibern allerdings weniger spannend, da es zu Einnahmeverlusten führt.
Module auf dem Dach
Bei Dachanlagen handelt es sich um kleinere Photovoltaikanlagen, die meist auf Dächern von Wohn-, Gewerbe- oder Industriegebäuden installiert sind. Betreiber solcher Anlagen sind in der Regel private Haushalte, Unternehmen, Kommunen oder Energiegenossenschaften.
Typisch für Dachanlagen ist eine geringere bis mittlere Leistung. Der erzeugte Strom wird häufig direkt vor Ort verbraucht. Überschüssiger Strom kann gegen eine Vergütung ins öffentliche Netz eingespeist werden.

Module auf dem Balkon
Balkonanlagen, auch als Steckersolargeräte bezeichnet, sind kleine, steckerfertige, also leicht installierbare Photovoltaikvarianten, die speziell für den Einsatz auf Balkonen, Terrassen, Garagendächern, an der Hauswand oder im Garten entwickelt wurden. Der erzeugte Strom wird direkt im eigenen Haushalt verbraucht. Überschüssiger Strom fließt unvergütet ins öffentliche Netz. Knapp 500.000 derartige Anlagen sind derzeit in Deutschland in Betrieb.
Etwa zwei Drittel der Photovoltaikleistung in Deutschland stammt laut dem Bundesumweltministerium von Dachanlagen, das restliche Drittel von Freiflächenanlagen. Der Bundesverband Solarwirtschaft weiß es etwas genauer: 38 Prozent der 104 GW installierten Solarstromleistung stammen demnach von Anlagen auf Dächern von Eigenheimen, 29 Prozent von Anlagen auf Firmendächern, 32 Prozent von Anlagen auf Freiflächen und knapp ein Prozent von Anlagen an Balkonen.
Langsam, aber unaufhörlich
Die Menge des Photovoltaikstroms und auch sein Anteil an der gesamten Stromerzeugung ist seit dem Jahr 2000 stark gestiegen: Vor 25 Jahren betrug die Menge des erzeugten Photovoltaikstroms lediglich 0,1 TWh, was mageren 0,02 Prozent an der gesamten Stromerzeugung entsprach. Im Jahr 2024 waren es bereits 72,1 TWh und somit 13,8 Prozent. Markante Zwischenstationen: Im Jahr 2009 überschritt der Anteil des Photovoltaikstroms erstmals die Ein-Prozent-Grenze, vier Jahre später erreichte er zum ersten Mal die Fünf-Prozent-Grenze.
Entscheidend für die Verbreitung der Solarenergie in Deutschland war das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das im April 2000 in Kraft trat. Dieses Gesetz regelt die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz und garantiert den Erzeugern feste Vergütungen für das Einspeisen.
Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, ist immer noch begeistert: „Das in einer Sternstunde des Bundestages auf den Weg gebrachte Gesetz war der entscheidende Marktöffner und wurde weltweit zur Blaupause. Binnen einer Generation wurde aus einer teuren Satellitentechnik die günstigste Form der Stromerzeugung auf Erden und ein unverzichtbarer Klimaschützer. Aus unmündigen Stromkunden wurden millionenfach solare Prosumer, die ihre Energieerzeugung zunehmend selbst in die Hand nehmen.“
Sparpotenzial für Privathaushalte
Auch Bürger, die Solarenergie nicht direkt nutzen, profitieren von ihren Vorzügen: Nach Kalkulation des Beratungsunternehmens Neon Neue Energieökonomik lägen die Preise an der Strombörse ohne die Photovoltaik 25 Prozent über dem heutigen Niveau. Für private Energieverbraucher bedeutet das jährliche Einsparungen von etwa neun Milliarden Euro – 80 Euro für einen typischen Privathaushalt.
Um Strom, der mit Hilfe von Photovoltaik erzeugt wurde, für das Laden einer E-Autobatterie zu nutzen, gibt es prinzipiell zwei Methoden: Einfach ist es, über eine Wallbox den Strom aus dem öffentlichen Stromnetz zu verwenden. In Deutschland stammt dieser Strom rechnerisch zu knapp 14 Prozent aus Photovoltaikanlagen. Und generell zu knapp 60 Prozent aus erneuerbaren Energien.
Konfiguration entscheidend
Alternativ dazu können Sie eine eigene Photovoltaikanlage auf Ihrem Dach errichten lassen. Die optimale Größe dieser Anlage ist abhängig von der Größe Ihres Haushalts und von Ihren Absichten: Für ein Eigenheim mit einem Vierpersonenhaushalt und einem typischen Jahresstromverbrauch von 4.500 kWh ist beispielsweise eine Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von mindestens sechs kWp erforderlich. Acht kWp wären besser, um etwa auch zukünftigen Mehrbedarf abdecken zu können. Soll die Anlage zusätzlich die Batterie Ihres Elektroautos aufladen, hat die Nennleistung größer zu sein: Ein Auto mit einer jährlichen Fahrleistung von 13.000 Kilometern, was dem deutschen Durchschnitt entspricht, verbraucht im Jahr ungefähr 2400 kWh – was eine Erhöhung der Nennleistung um etwa drei kWp ratsam macht.
Möchten Sie den Solarstrom auch dann nutzen, wenn keine Sonne scheint, so benötigt die Anlage einen Stromspeicher. Ohne einen solchen Speicher lassen sich nur etwa 30 Prozent des erzeugten Solarstroms selbst nutzen – weil der größte Teil dieses Stroms tagsüber erzeugt wird, wenn im Haus wenig Energie benötigt wird. Mit einem Speicher dagegen ist es möglich, etwa 70 Prozent des erzeugten Solarstroms selbst zu verbrauchen. Nicht erstaunlich also, dass nach Angaben des Bundesverbands Solarwirtschaft derzeit mehr als 80 Prozent der kleineren Photovoltaikdachanlagen bereits in Kombination mit einem Stromspeicher installiert werden.
Im idealen Zusammenspiel
Der Gedanke, das eigene Fahrzeug preisgünstig und umweltschonend aufzuladen, ist für viele Elektroautobesitzer verlockend: Laut einer Umfrage des ADAC haben 42 Prozent der Elektroautobesitzer eine Photovoltaikanlage. Und 25 Prozent planen, in den nächsten drei Jahren eine derartige Anlage anzuschaffen. Bei den Menschen, die vorhaben, sich ein E-Auto zuzulegen, besitzen 24 Prozent eine Photovoltaikanlage. Und 36 Prozent haben die Absicht, solche Module anzuschaffen.
„Emissionsfreie Stromerzeugung und Elektromobilität gehören zusammen“, erläutert Sascha Coccorullo, Leiter Strategie, New Business und Research der ADAC SE. „Die Investitionskosten für Fahrzeug, Photovoltaik und Wallbox amortisieren sich umso schneller, je mehr eigenen Strom man selbst nutzt.“

Regionale Förderungen
Eine Photovoltaikanlage für ein Einfamilienhaus ist ab etwa 9000 Euro zu haben, eine Anlage mit Speicher ab etwa 12.000 Euro. Keine kleine Investition also. Allerdings amortisiert sich die Solaranlage in etwa zehn Jahren, eine Anlage mit Speicher in etwa 15 Jahren.
Abfedern lassen sich die Kosten durch Zuschüsse, die einige Kommunen ihren Einwohnern zur Verfügung stellen. In Berlin beispielsweise über das Förderprogramm „Solar Plus“, in Köln über das Projekt „Photovoltaik – klimafreundliches Wohnen in Köln“ und in Potsdam über das „Klimaschutzförderprogramm“. In Österreich lässt sich bundesweit der „EAG-Investitionszuschuss“ beantragen.
Am wirtschaftlichsten ist es, den Strom der eigenen Photovoltaikanlage selbst zu verbrauchen. Es ist jedoch auch möglich, den überschüssigen Strom in das öffentliche Stromnetz einzuspeisen. Die Vergütung, die man dafür erhält, ist abhängig unter anderem von der Größe der Anlage und vom Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme. Bei einer Anlage mit einer Nennleistung von maximal zehn kWp erhält man beispielsweise ab August dieses Jahres 7,88 Cent pro eingespeister Kilowattstunde Strom.

Wie viele Sonnenstunden sind nötig, um eine E-Autobatterie aufzuladen?
Photovoltaikanlagen für Einfamilienhäuser haben in Deutschland zumeist eine Nennleistung von vier bis zehn Kilowatt-Peak (kWp). Bei den hierzulande durchschnittlichen 4,5 Sonnenstunden pro Tag produzieren solche
Anlagen zwischen 4000 und 10.000 kWh pro Jahr, beziehungsweise zwischen elf und 27 kWh pro Tag oder zwischen 2,4 und sechs kWh pro Stunde. Die Batterie eines Elektroautos hat in der Regel eine Nettokapazität zwischen 40 und 105 kWh. Bei den in Deutschland meistverkauften Elektroautos beträgt der Durchschnittswert 72 kWh. Um eine durchschnittliche E-Autobatterie mit einer privaten PV-Anlage vollständig aufzuladen, sind also bei einer 4-kWp-
Anlage rund 6,5 Tage nötig, beziehungsweise 29 Sonnenstunden. Bei einer 10-kWp-Anlage sind es 2,7 Tage, beziehungsweise 12 Sonnenstunden. Das klingt lang – oder sogar zu lang. Allerdings legt ein Auto in Deutschland und Österreich täglich lediglich etwa 35 Kilometer zurück. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 0,18 kWh/km verbraucht es also
nur 6,3 kWh Energie pro Tag. Diese Menge kann eine 4-kWp-Anlage in 2,6 Sonnenstunden erzeugen, eine 10-kWp-Anlage schon in einer Sonnenstunde.
Fotos: Österreichs Energie/E-Control, Statistisches Bundesamt, Shutterstock