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  • AutorenbildChristoph Lumetzberger

Wie bidirektionales Laden unsere Zukunft verändern wird

Sicherlich kennen Sie die vielzitierte Behauptung, dass ein Elektroauto durchschnittlich mehr als 23 Stunden am Tag nur herumsteht, als klares Kaufargument für einen elektrifizierten Pkw. Man könne ihn ja überall laden und während des Acht-Stunden-Arbeitstages oder über Nacht lässt er sich problemlos wieder mit Energie versorgen.


Doch was wäre, wenn das Elektroauto nicht nur herumstehen und Energie aufnehmen würde, sondern bei Bedarf solche auch in das Stromnetz zurückgeben kann? Nun ja, diese Technologie gibt es bereits, sie nennt sich bidirektionales Laden. Und obwohl der Begriff in den letzten Jahren immer häufiger zu hören war und auch schon manche wissen, was damit gemeint ist, so können ihn nur wenige wirklich im Detail erklären.


Nehmen und Geben


Im Grunde genommen ist es einfach. Der Energiespeicher in Elektroautos ist bislang lediglich dazu in der Lage, Energie aus externen Quellen (wie etwa Steckdosen oder Wallboxen) aufzunehmen und dann im Fahrbetrieb an den Elektromotor abzugeben. Bidirektionale Speicherlösungen lassen allerdings auch den umgekehrten Weg zu. Diese sind nämlich nicht nur in der Lage, Energie an den Elektromotor abzugeben, sondern auch ins Netz zurückzuspeisen.


Bei dieser Technologie muss zwischen zwei unterschiedlichen Ansätzen unterschieden werden, nämlich zwischen V2H und V2G. Erstere Abkürzung steht für Vehicle-to-Home und bedeutet, dass der Akku des E-Autos Energie an den Haushalt, etwa an das Einfamilienhaus zurückgeben kann. Bei der Abkürzung V2G steht der Buchstabe G hingegen für „Grid“, was etwas geflügelt für eine Rückgabe der Energie an das gesamte Stromnetz steht.


Resultierend aus den beiden unterschiedlichen Ansätzen sind auch die Anwendungsgebiete zu sehen. Beiden Technologien wird großes Potenzial attestiert, doch noch sind die allermeisten E-Autos auf dem Markt weder mit der einen, noch der anderen Lösung unterwegs und die meisten Fahrzeuge verfügen Stand heute noch über einen herkömmlichen Akku, der lediglich das Fortbewegungsmittel mit Energie versorgen kann. Wenige Ausnahmen sind etwa der Nissan Leaf, der Hyundai Ioniq 5 oder der Kia EV6. Wie Sie richtigerweise erkannt haben: Alles Autos asiatischer Hersteller. Das liegt daran, dass bidirektionales Laden bislang in erster Linie in Autos mit Chademo-Ladestandard etabliert worden ist. Aber auch europäische Hersteller wie Volkswagen, Volvo und Co. haben die Technologie in der Pipeline und dürften schon bald die ersten Fahrzeuge dieser Bauart auf den Markt bringen.


Neben dem bidirektional ladefähigen Fahrzeug brauchen Sie aber auch eine entsprechende Wallbox, die in der Lage ist, Strom in beide Richtungen zu transportieren. Außerdem ist sie dafür zuständig, den Gleichstrom aus dem Elektroauto-Akku zurück in Wechselstrom umzuwandeln. Mit solchen intelligenten Lösungen können Sie zudem die Strommenge steuern, die ins Netz eingespeist werden soll.


Bidirektionaler Kreislauf


Strom wird aus dem Netz geholt oder per Photovolatikanlage produziert und kommt via entsprechender Wallbox in den Akku des Elektroautos. So weit, so normal. Bei bidirektionalem E-Auto-Akku sowie entsprechender Wallbox kann bei Bedarf allerdings der Strom auch wieder ins Haus bzw. Netz zurückgespeist werden. Etwaige Stromspitzen am Abend lassen sich hiermit ergänzend auffangen.


E-Autos die Bidirektional laden können:


Nissan Leaf


​Hersteller

Nissan

Modell

Leaf

Preis

33.400 Euro

Leistung

​110 kW

Höchstgeschwindigkeit

144 km/h

Reichweite

285 km

Akkukapazität

40 kWh

Gewicht

1.580 kg


 

Mitsubishi Eclipse Cross Plug-in Hybrid


Hersteller

Mitsubishi

Modell

Eclipse

Preis

44.190 Euro

Leistung

138 kW

Höchstgeschwindigkeit

162 km/h

Reichweite

45 km (elektrisch)

Akkukapazität

13,8 kWh

Gewicht

2.004 kg


 

Hyundai Ioniq 5


Hersteller

​Hyundai

Modell

Ioniq 5

Preis

35.650 Euro

Leistung

100 kW

Höchstgeschwindigkeit

165 km/h

Reichweite

311 km

Akkukapazität

40 kWh

Gewicht

1.570 kg


 

Strom für alle...


Doch warum soll Strom überhaupt zurückgespeist werden? Damit diese Frage beantwortet werden kann, muss man verstehen, wie unser Stromnetz funktioniert. Im Vergleich zu Öl oder Gas kann Strom nämlich nicht zwischengelagert werden, sondern muss dann produziert werden, wann er benötigt wird. Dabei muss konstant eine Netzspannung von 230 Volt mit einer Frequenz von 50 Hertz eingehalten werden. Kommen diese Zahlen aus dem Gleichgewicht, etwa wenn viel mehr Strom verbraucht als produziert wird, droht ein Stromausfall oder - in größerer Dimension - ein zuletzt oftmals zitierter Blackout. Um etwaige Lastspitzen in Zukunft noch besser abzufedern, können auch bidirektionale Akkus verwendet werden. Wirklich wesentliche Unterstützung geben sie aber erst dann, wenn sie in ausreichender Zahl vorhanden sind. Angenehmer Nebeneffekt für den Besitzer des Autos: Für das Einspeisen des Stroms bezahlen Stromversorger gutes Geld. Ähnlich dem Liefern von Strom, welcher aus einer Photovoltaikanlage gewonnen wird.


...und Strom für mich


Es besteht aber nicht nur die Möglichkeit, den Strom vom Elektroauto in das Stromnetz einzuspeisen, sondern ihn auch direkt in den eigenen vier Wänden zu verbrauchen. Dazu wird aktuell an V2H-Ladestationen mit Inselfunktion gearbeitet, die den Strom aus der Fahrzeugbatterie direkt ins Eigenheim leiten können.


Bei Akkukapazitäten, die je nach Fahrzeugmodell aktuell zwischen 40 und 80 kWh liegen, kann ein durchschnittlicher Haushalt mehrere Tage mit Energie versorgt werden. Bei einem Stromverbrauch von rund zehn kWh, da ist die Warmwasserbereitung bereits inkludiert, lässt sich bei moderatem Verbrauch der Haushalt rund eine Woche autark versorgen.


Pufferspeicher für zu Hause


Selbst wenn man nicht vom Extremfall eines Blackouts ausgeht, hat die Technologie dennoch einen großen praktischen Nutzen für Besitzer einer Photovoltaik-Anlage. Ist man nämlich nicht gerade im Besitz eines sehr kostenintensiven Stromspeichers, sondern speist den Strom, der tagsüber nicht umgehend verbraucht wird, ins Netz ein, so kann besagtes Elektroauto den Part des Speichermediums übernehmen. An sonnigen Tagen wird tagsüber bei entsprechender Größe der Anlage mehr Strom produziert, als im Haushalt normalerweise verbraucht wird. Daher kann der Strom am Tag zwischengespeichert und in den Abend- und Nachtstunden verwendet werden, gerade bei Stromfressern wie Waschmaschine, Herdplatten oder Geschirrspüler kann sich das über einen längeren Zeitraum als sehr wirtschaftlich erweisen.


Die Technologie steckt, bei allen vielversprechenden Ansätzen, allerdings immer noch in den Kinderschuhen. Erste V2H-­Ladestationen sind zwar bereits erhältlich, es ist aber auch die Frage der Haltbarkeit noch nicht ausreichend beantwortet. Denn was auch klar ist: Ein Akku altert, je häufiger er be- und entladen wird. Und wird die Batterie des E-Autos permanent belastet, so hält diese wohl kaum die oftmals zitierten acht Jahre bzw. 160.000 Kilometer, ohne merklich an Leistung zu verlieren. Man darf aber gespannt sein, was die Zukunft bringt, denn der eingeschlagene Weg ist definitiv einer, der in die richtige Richtung zeigt.


Das spricht für bidirektionales Laden

  • Strom aus erneuerbaren Energiequellen kann in größerem Umfang und weitaus effizienter eingesetzt werden. Damit wird eine größere Menge an fossilen Brennstoffen eingespart als bisher.

  • Die eigene Photovoltaikanlage wird weitaus besser und öfter genutzt.

  • Selbst ohne eigene Stromproduktion ist ein bidirektionales Elektroauto von Vorteil. Einerseits kann es mit günstigerem Nachtstrom aufgeladen werden und andererseits erreichen Sie damit gewisse Unabhängigkeit vom Stromnetz dank autarkem Strom.

Das spricht gegen bidirektionales Laden

  • Eine E-Auto-Batterie hat nur eine bestimmte Anzahl von Ladezyklen, ehe ihre Leistung nach und nach merklich nachlässt. Irgendwann ist dann der Punkt erreicht, wo die Reichweite des Wagens einbricht – und dieser Punkt kommt bedeutend früher, wenn das E-Auto als Stromspeicher genutzt wird.

  • Sie benötigen eine eigene Wallbox, die in der Lage ist, Strom in beide Richtungen abzugeben. Da eine Batterie lediglich Gleichstrom speichern kann, im Haus jedoch Wechselstrom gebraucht wird, muss diese Umwandlung mittels Wechselrichter passieren.





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