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75 Jahre Seat: E-Lektionen mit Historie

  • Autorenbild: Beatrice Bohlig
    Beatrice Bohlig
  • vor 6 Stunden
  • 4 Min. Lesezeit

Neues aus Barcelona: Cupra forciert die Elektromobile, doch Seat hat bei den Stromern aufzuholen. Retrospektive hilft – und der Dialog mit relevanten Akteuren der Katalanen.


Ortstermin in der katalanischen Metropole: Markus Haupt, Interims-CEO von Seat und Cupra, mit electricar-Autorin Beatrice Bohlig.
Ortstermin in der katalanischen Metropole: Markus Haupt, Interims-CEO von Seat und Cupra, mit electricar-Autorin Beatrice Bohlig.

Seinen ersten Auftritt als interimistischer Chef der Fahrzeughersteller Seat und Cupra weiß Markus Haupt für eine klare Botschaft zu nutzen: „Die Zukunft ist elektrisch“, lässt der Topmanager die Gäste eingangs wissen. „Daran haben wir keine Zweifel“, so legt der neue CEO, zugleich weiterhin Vorstandsmitglied für Produktion und Logistik der spanischen VW-Töchter, unmissverständlich nach.


Zur Feier von 75 Jahren Seat hatten Haupt und seine Mitarbeiter in die Hauptstadt von Katalonien geladen. „Hicimos Historia. Creamos Futuro“ – so lautete das Motto des Unternehmensevents inmitten der Branchenmesse Automobile Barcelona 2025. Die deutsche Übersetzung des Claims lautet: „Wir haben Geschichte geschrieben. Wir gestalten die Zukunft“.


electricar nahm sich dieser Themen an und begab sich auf die Reise. Zumal neben einem kurzen Treffen mit Haupt – als CEO der Nachfolger des langjährigen Markenoberen Wayne Griffiths – die Zusammenkunft mit Arantxa Alonso lockte. Seit September des vergangenen Jahres ist sie als Markenmanagerin im Amt. „Seat Brand Officer“, so ist die neu geschaffene Position zur Sicherung des nachhaltigen Erfolgs der Marke offiziell umrissen. Eine Schlüsselposition, in der sich laut Hersteller alles um die Entwicklung von Marktpositionierung und langfristiger Strategie dreht. Arantxa Alonso berichtet direkt an Sven Schuwirth, Seats Vorstand für Vertrieb, Marketing und Aftersales.


Cupra setzt zunehmend auf E-Mobilität, das ist bekannt. Mit Born und Tavascan hat die kultige und junge Submarke bereits zwei reine Stromer im Programm. „Es gibt keinen Plan B für unseren Planeten“, sagt Alexander Buk, Statthalter von Seat und Cupra in Deutschland. Auf der IAA Mobility im September in München dürfte Cupra die Serienversion des Raval enthüllen – ein kompaktes E-Auto in der Preisklasse von 25.000 Euro. Von dessen MEB Entry genannter Plattform werden 2026 auch der Vollstromer ID.2 von VW und das Modell Epiq von Skoda erwartet.


E-Starter: Markenmanagerin Arantxa Alonso (links) zeigt den Seat Mii Electric, der ab 2019 gebaut wurde.
E-Starter: Markenmanagerin Arantxa Alonso (links) zeigt den Seat Mii Electric, der ab 2019 gebaut wurde.

Seat als Marke für die Elektrobasis


Doch was ist mit Seat und der E-Mobilität? Wäre dieser altehrwürdige Autoproduzent, der unter dem Dach des VW-Konzerns neben südländischem Flair im Volumengeschäft stets auch für besonders preisgünstige Modelle stand und steht, nicht genau der richtige Anbieter betont erschwinglicher E-Pkw? Also etwa eines elektrisch angetriebenen Stadtflitzers für höchstens 20.000 Euro? Zur Einordnung: Just dieses Preissegment, in das der chinesische Herausforderer BYD jetzt mit seinem Dolphin Surf drängt (siehe Seite 36), und das VW ab 2027 mit der finalen Version des ID. Every1 zu erobern gedenkt, gilt weltweit als Königsdisziplin der E-Mobilität auf vier Rädern.


Olympia-Teilnehmer: Isidre Lopez Badenas, der Historiker im Hause Seat, präsentiert den Toledo Eléctrico, der bei den Sommerspielen 1992 im Einsatz war.
Olympia-Teilnehmer: Isidre Lopez Badenas, der Historiker im Hause Seat, präsentiert den Toledo Eléctrico, der bei den Sommerspielen 1992 im Einsatz war.

Danach befragt, legt Arantxa Alonso ein vielsagendes Lächeln auf – und lässt sich entlocken: „Wir schauen uns den ID. Every1 an“. Nach kurzer Pause fügt sie hinzu: „Und wir schauen uns auch so manche Alternative an“. Genauer darf die Markenmanagerin schlicht noch nicht werden. Eines allerdings sei sicher: „Wir wissen genau, wohin wir wollen“, betont Arantxa Alonso gegenüber electricar.


Impulse als Pfadfinderin verschafft ihr unter anderem der Blick in die Firmenhistorie: „Hicimos Historia“ – Seat hat in seinen bislang 75 Jahren Geschichte geschrieben. Und das auch in der E-Mobilität.


Zum einen mit dem Seat Mii electric. Die Fertigung des Kleinstwagens war Ende 2019 im slowakischen VW-Werk Bratislava angelaufen. In der Edition Power Charge stand der technische Bruder von VW E-Up und Skoda Citigo e iV später für 24.650 Euro auf der Neuwagenliste. Der Motor des Mii electric kam auf 61 Kilowatt, rund 83 PS, die Lithium-Ionen-Batterie bot eine Kapazität von 36,8 Kilowattstunden. Als Reichweite mit einer Füllung gab Seat 260 Kilometer nach WLTP an. Die Ladezeit mit Gleichstrom und der Höchstleistung von 40 Kilowatt auf 80 Prozent betrug rund eine Stunde. Mit Wechselstrom von 7,2 kW zog sich das Erreichen besagter Marke gar über vier Stunden hin. Das waren noch Zeiten...


Marathon mit 500 Kilogramm Ballast


Und dann erst der Seat Toledo Eléctrico. Zu den Olympischen Sommerspielen 1992 in Barcelona wurde die unscheinbare Limousine plötzlich zum Blickfang der Weltöffentlichkeit: Als Einzelstück und erster Seat aller Zeiten ohne Verbrennungsmotor. Dafür mit 16 grundsoliden Bleibatterien im Gesamtgewicht von einer halben Tonne und einem 16 kW schwachen E-Aggregat. Seine Reichweite von 55 Kilometern im Stadtbetrieb war gerade genug für den Toledo Eléctrico im prestigeträchtigen Einsatz als Begleitfahrzeug der Marathonis über deren gut 42 Kilometer lange Wettbewerbsstrecke. „Das Laden der Batterien erfolgte über ein dünnes Kabel hinter dem Frontgrill an einer haushaltsüblichen 220-Volt-Steckkose“, erzählt Isidre Lopez Badenas, Chef des Seat-Museums, „und es dauerte ungefähr einen ganzen Tag“. Ach, ja – von Lackpflege des damals in Handarbeit gebastelten Olympia-Stromers in einer regulären Autowaschanlage rieten die Toledo-Tüftler aus Sorge um die Wasserdichtigkeit ausdrücklich ab.


Erfolgreich im Markt: Cupra, hier das batteriegetriebene SUV-Modell Tavascan, wurde 2018 als Tochterunternehmen von Seat gegründet – und setzt im VW-Konzern mit Elektromobilität bedeutsame Zeichen.
Erfolgreich im Markt: Cupra, hier das batteriegetriebene SUV-Modell Tavascan, wurde 2018 als Tochterunternehmen von Seat gegründet – und setzt im VW-Konzern mit Elektromobilität bedeutsame Zeichen.

Derlei Einschränkungen darf und wird es selbstverständlich nicht geben bei Seats nächstem Vollstromer. Arantxa Alonso vergleicht ihr Herzensprojekt gern mit einer „schönen Braut“, wie sie uns zum Abschluss sagte: „Man muss eben einfach etwas darauf warten können“, lachte die Markenmanagerin: „Aber dann, wenn der große Tag da ist, werden es alle feiern.“


Fotos: Seat, Beatrice Bohlig

 
 
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