Da sich der Markt an Elektrofahrzeugen äußerst dynamisch entwickelt und ein Ende nicht absehbar erscheint, rückt das Thema Ladeinfrastruktur immer mehr in den Fokus. War es vor Jahren ein Kinderspiel, einen freien Platz zum Aufladen zu finden, so stoßt man heute immer mehr an die Grenzen des Netzes. Lader sind belegt oder laden nur in langsamer Geschwindigkeit. Bei immer größer werdenden Reichweitenangeboten steigt auch die Batteriekapazität - und damit dementsprechend auch die Verweildauer an der Ladesäule.
Dass es immer mehr Lademöglichkeiten in der Republik gibt, liegt auf der Hand. Allerdings steigt die Anzahl an zugelassenen Elektrofahrzeugen weitaus schneller an als die Anzahl an neu geschaffenen Ladesäulen. Und dass dieser Punkt früher oder später zu Problemen bei der Versorgung führen wird, scheint mehr als nur im Bereich des Möglichen zu sein.
Zahlen, Daten, Fakten
Doch ein Ungleichgewicht herrscht nicht nur beim Verhältnis zwischen vorhandenen E-Fahrzeugen und Lademöglichkeiten vor. Bei genauerer Betrachtung können auch signifikante Unterschiede in den einzelnen Bundesländern und den großen Städten ausgemacht werden. Denn während man sich vor Ladepunkten in Baden-Württemberg kaum in Sicherheit bringen kann, müssen sie in Mecklenburg-Vorpommern mit der Lupe gesucht werden. Außerdem wird Wolfsburg seinem Ruf als Autostadt in einem speziellen Punkt zu 100 Prozent gerecht und Tesla punktet nicht nur mit E-Mobilen, sondern auch mit Ladeinfrastruktur. Starten Sie eine spannende Erkundungstour auf den nächsten Seiten.
Starker Anstieg
Mehr als 80 Prozent der aktuell verfügbaren Ladepunkte in Deutschland wurden in den vergangenen vier Jahren errichtet. Allerdings unterscheidet sich die Ausbaudynamik zwischen den unterschiedlichen Arten von Ladepunkten teilweise gehörig. Die Anzahl an neu installierten Ladepunkten stieg zwischen 2018 und 2021 um satte 42 Prozent. Im Gegensatz dazu ging die Zahl neuer Schnelllader (zwischen 22 und 100 kW) um 42 Prozent zurück. Im Bereich der Ultra-Schnelllader, die bei 100 kW beginnen, ist der Anstieg hingegen enorm. Waren es 2018 gerade einmal 140 Ladepunkte, so kamen binnen vier Jahren beinahe 1.000 dazu auf insgesamt 1.228. Eine Steigerung von satten 777 Prozent. Überraschend kommt das nicht, schließlich decken sich diese Entwicklungen maßgeblich mit den Ladebedürfnissen der Autobesitzer. Solche Hypercharger erfüllen mit ihren kurzen Ladezeiten die Ansprüche von Langstreckenreisenden.
Aus dem Ruder
Die Europäische Kommission peilt in ihrer Richtlinie für die Infrastruktur alternativer Antriebe einen Faktor von 10:1 beim Verhältnis zwischen der Anzahl an zugelassenen Elektroautos und den öffentlichen Lademöglichkeiten an. Allerdings weicht die tatsächliche Zahl in den letzten Jahren immer weiter von dieser angepeilten Marke ab. Ein deutliches Zeichen dafür, dass es einen dringenden Ausbau der Ladeinfrastruktur im ganzen Land braucht.
Mehrheitlich Standardlader
Auch wenn die Ultra-Schnelllader massiv auf dem Vormarsch sind, so machen den Großteil der Ladeinfrastruktur immer noch die Standardlader bis zu 22 kW aus. Ganze 84 Prozent der Gesamtinfrastruktur entfallen darauf. Schnelllader (bis 100 kW) sind im Rückgang begriffen, machen aber immerhin noch 11 Prozent aus. Lediglich fünf Prozent können das E-Auto mit einer dreistelligen kW-Anzahl druckbetanken, es ist aber auch die Art von Lademöglichkeit, die am stärksten steigt.
Starkes Gefälle
Nimmt man das gesamte Bundesgebiet als Grundlage, bestehen knapp 50 Ladepunkte pro 100.000 Einwohner. Es bestehen allerdings gewaltige Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. An der Spitze steht Baden-Württemberg, die auf 72 Ladepunkte für die neuralgische Zahl von 100.000 Einwohnern kommen. Im Vergleich dazu müssen Bewohner von Mecklenburg-Vorpommern mit gerade einmal 23 Ladepunkten auskommen. Das ist weniger als ein Drittel.
Auch Hamburg (70) und Bayern (65) können sich noch im Spitzenfeld positionieren, während Sachsen-Anhalt (33), das Saarland (31) und Brandenburg (30) keine Infrastruktur-Spitzenleistung vollbringen. Mit seinen 23 Ladern pro 100.000 Einwohner hat sich Mecklenburg-Vorpommern den letzten Platz allerdings redlich verdient.
Widerspiegelung des Mobilitätsbedarfs
Betrachtet man die Verteilung der Ladegeschwindigkeiten auf Ebene der Bundesländer, so wird deutlich, dass die Infrastruktur in etwa den Mobilitätsbedarf widerspiegelt. Die dicht besiedelten Stadtstaaten Berlin und Hamburg belegen bei Normalladern vordere Plätze, gehören jedoch zu den Schlusslichtern beim Schnellladen. Baden-Württemberg und Bayern führen hingegen die Liste mit der Anzahl der Schnellladepunkte an – wichtig in der Fläche und im Überland.
Überragende Autostadt
Legt man bei Betrachtung der diversen Statistiken den Fokus nicht auf die Bundesländer, sondern die größten Städte, so zeigt sich ein interessantes Bild. Berlin hat als Hauptstadt zwar die meisten Ladepunkte in absoluter Zahl, gemessen an den Einwohnern führt in dieser Disziplin jedoch ganz deutlich die Autostadt Wolfsburg mit 408 Ladepunkten pro 100.000 Einwohnern. Eine schier unglaubliche Zahl, verglichen mit den restlichen Großstädten des Landes.
Der Ladekaiser
Teslas Supercharger-Netzwerk ist seit jeher sehr stark ausgebaut. Mit 2.484 Ladepunkten an 867 Standorten betreibt der amerikanische E-Auto-Pionier hinter EnBW das zweitgrößte Ladenetz in Deutschland. Interessanter Fakt: Während Teslas gerade einmal 11 Prozent aller Elektrofahrzeuge in der Bundesrepublik ausmachen, sind 38,5 Prozent der Ultra-Schnelllader von Tesla.
Steil, Steiler, Strombedarf
Vorsichtigen Schätzungen zufolge dürften 2030 rund 65 Millionen Elektrofahrzeuge auf den europäischen Straßen unterwegs sein. Um diesen massiven Anstieg von Stromern bewerkstelligen zu können, werden auf dem gesamten Kontinent rund 34 Millionen Ladepunkte benötigt. Dadurch dürfte auch der Strombedarf massiv ansteigen, vermutet werden etwa 200 Terawattstunden für die Betankung von E-Autos. Im Jahr 2021 lag dieser Wert bei lediglich 30 TWh.
Mit freundlicher Unterstützung von: grid X (Ladereport 2022: bit.ly/ec_gridx)
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