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AutorenbildArmin Grasmuck

Porsche Taycan GTS im ELECTRICAR-Praxistest

Atemberaubend das Design, reichlich Komfort und ungeheuer massiv die Schubkraft: Der Porsche Taycan GTS ist das Spitzenmodell im Segment der Sportwagen von morgen.



Porsche. Ein vollelektrischer Porsche. Er trägt noch immer diese besondere Note. Der Porsche, angetrieben durch eine Batterie, allein der Gedanke wirkte lange Zeit wie ein Widerspruch in sich. Noch in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts drehten sich die Verantwortlichen des Premiumherstellers mitunter beschämt bis pikiert zur Seite, wenn es um mögliche Antriebsvarianten der Zukunft ging. „Benzin im Blut“, so lautete traditionell der Wahlspruch der leidenschaftlichen Porsche-Fahrer. Es schien mehr als nur eine Glaubensfrage zu sein. Doch der Tonfall hat sich schlagartig verändert. Früher oder später werden die warmen Worte eher klingen wie „Ein Herz für Kilowatt“, „Stromer mit Speed“ oder „Sauber abgefahren.“


Kräftig und doch grazil


Der Taycan GTS ist ein akkubetriebener Porsche, die vierte Variante dieser Modellreihe – und was für eine... Fährt das Auto so, wie es aussieht, zählt es auf Anhieb zu den Spitzenfahrzeugen im Segment der Elektromobilität. Wir umreißen es schon im ersten Augenblick. Selbst im Vergleich mit den drei Taycan-Brüdern, dem etwas günstigeren Modell 4S sowie den Topmarken Turbo und Turbo S, wirkt der GTS optisch wie eine höchst attraktive, bis ins Detail strahlende Gesamtkomposition. Kräftig und doch grazil. Sportlich elegant, dezent bis angriffslustig. Einfach und einfach genial. GTS, das heißt auch im Jahr 2022: außergewöhnlich bis einzigartig, zeitgemäß, die Mobilität in Reinform.


Ladestopp an der Tankstelle: electricar-Chefredakteur Armin Grasmuck fuhr den Porsche Taycan GTS zum Test.

Wir nähern uns dem Auto mit dem gebotenen Respekt. 440 Kilowatt (598 PS), in 3,7 Sekunden von null auf hundert und weiter im massiven Vollschub bis auf 250 – die Eckdaten, die uns vorab übermittelt worden sind, klingen kernig, Wir öffnen die Tür, steigen ein und, ja, es sei an dieser Stelle vorsichtshalber noch einmal erwähnt: Der Taycan ist ein Sportwagen. Chronisch inaktive, passionierte Rolltreppenfahrer sowie die nachhaltig Rückengeplagten sollten den schwungvollen Akt in den GTS hinein und wieder hinaus entsprechend ambitioniert und sportlich nehmen. Wir sitzen, und wir sitzen gut. Und tief. Und sehr bequem.


Dieses Auto hält wie selbstverständlich auch im Innenraum, was es von außen verspricht. Es ist dieser gediegene Mix aus Komfort und Luxus. Perfektes Design, klare Linien, ohne den aufgesetzten Schnickschnack, mit dem andere Produzenten der Elektromobilität mitunter versuchen, modern zu wirken. Überdimensionierte Touchscreens quer durch die Wagenmitte haben hier keinen Platz. Porsche punktet traditionell und offensichtlich auch in der Zukunft mit der höchst professionellen Reduktion auf das Wesentliche. Top-Performance, wie es neudeutsch heißt. Oder: Bestform in allen Bereichen.


In Bestform: Klar aufgeteilte Steuerelemente und das perfekte Design, für das Porsche traditionell im Wageninnern wie außen steht.

Los geht‘s mit links


Die Sportwagenbauer aus dem Stuttgarter Stadtteil Zuffenhausen bleiben ihrer Linie treu. Ihre Fabrikate werden auch in Zukunft mit der linken Hand gestartet. Ein kurzer Drücker auf die Taste hinter dem Lenkrad, der Porsche ist an. Die rechte Hand fährt einen Schalter nach unten, D für Drive – und schon geht‘s los.

Wir fahren ein Elektroauto und sind trotzdem überrascht, wie elegant und leise der Taycan GTS vom Hof schleicht. Er schnurrt. Fast wirkt es so, als genieße er das sanfte Rollen ohne größeren Kraftaufwand. Wir kuscheln uns durch den Stadtverkehr, tippen das Strompedal, er schnurrt. Wir schieben den Steuerhebel unten links nach vorn und setzen die Geschwindigkeit. Jetzt regelt der Taycan sich selbst. Er bremst, hält Abstand, schließt auf und bremst und schnurrt. Er fährt verlässlich, kontrolliert, was für ein Genuss. Doch hey, das ist ein Porsche! Die Ortstafel ist hinter uns, wir treten das Pedal etwas kräftiger. Der Taycan legt los, klar, ein paar hundert Meter, dann bremst uns ein Traktor. Gegenverkehr. Was für ein Schauspiel! Mit knapp 600 PS und 30 km/h schleichen wir hinter dem Bulldog her. Einen Kilometer weit, mindestens. Gegenbahn frei, wir überholen – und rauf auf die Autobahn in Richtung Ingolstadt.


Ab in den Sport-Plus-Modus


Es ist beeindruckend. Sehen sie etwas Windschnittiges im Rückspiegel, machen viele Autofahrer wie ferngesteuert oder automatisch die linke Spur frei. Wir drehen den kleinen Regler am Lenkrad, der den Sport-Plus-Modus aktiviert, drücken das Pedal durch und der Taycan schiebt an. Krass, wie dieser Sportwagen, der vor ein paar Minuten noch geschmeidig über die Landstraße schnurrte, plötzlich sein Wesen verändert. Er heult laut und gefährlich klingend auf. Er schiebt an, massiv und nachhaltig, hoch auf 200 und weiter bis 250 Sachen, bevor er sich einkriegt und automatisch abgeregelt wird. Es wirkt wie ein Kinderspiel. Doch dieses Wow-Erlebnis ist nur von kurzer Dauer. Das Verkehrsleitsystem signalisiert in knalligen Farben: 120. Wir schalten wieder den Assistenten ein, der die Geschwindigkeit reguliert. Der GTS hält den Kurs. Für uns ist es die gute Gelegenheit, entspannt die Autobahn und die Hallertau, das weltgrößte Anbaugebiet für Hopfen, links und rechts der Leitplanken zu genießen.


Der neueste Taycan ist ein in jeder Hinsicht atemberaubendes Auto, mit dem Porsche seine Ambitionen im Hinblick auf die Mobilität von morgen unterstreicht. Er bietet alles und er macht vieles besser. Selbst im Vergleich mit den Konkurrenz­fabrikaten in diesem Spitzensegment beeindrucken speziell seine Fahreigenschaften. Er liegt in jeder Sequenz perfekt auf dem Asphalt. Der Taycan GTS läuft durchweg rund, ohne Qualitätsverlust. Bodenwellen schluckt er routiniert. In den langen oder auch engeren Kurven erledigen die Assistenzsysteme ihre Aufgaben derart zuverlässig, dass es angenehm auffällt. Kein Ruckeln, kein Zuckeln. Der Elektro-Porsche hilft mit, wo er es für nötig hält, und er bremst, wenn es sein muss auch etwas kräftiger, wie es sich für ein Modell dieses Hauses gehört. Das für einen Sportwagen durchaus stattliche Gesamtgewicht von 2.295 Kilogramm manövriert der Sportstromer leicht und locker.


Im stockenden Pendlerverkehr wirkt der Taycan GTS verschenkt bis verloren. Dieses Auto fahren Firmenchefs und andere Strategen, die daran gewöhnt sind, ihre Ziele auf direktem Weg zu erreichen. Wer es sich leisten kann, fährt ihn gar als Zweitwagen – und nur anlässlich der gehaltvollen Vertragsunterschrift, zum spontanen Wochenendtrip oder als unmissverständliches Statement im Kreis der Golfklubkameraden. Der neueste E-Porsche steht in der Grundversion mit 131.834 Euro in der Preisliste. Unser Testwagen, ausgestattet unter anderem mit nahezu allen technischen Assistenzsystemen, mächtigen 21-Zoll-Rädern und dem Bose-Sound-System, kostet knapp 174.000 Euro. Selbst wenn sein Buchhalter in Anbetracht dieser Summe nervös zu zucken beginnen sollte: Der erfolgreiche Manager bekommt über dieses Investment, das im Geschäftsbetrieb ohnehin zumeist als Leasing umgesetzt wird, die Mobilität der High-End-Klasse geboten, die er schnell zu schätzen weiß.


Hinten wie Vorne Der Taycan GTS kann im Heck mit dem Volumen von 407 Litern beladen werden, der Frunk fasst 84 Liter.

Nachhaltig faszinierend


Nach einem kurzen Stau, viel Stop-and-go und den unerbittlichen Hinweisen aus dem Leitsystem – 100! 80! 120! 60! – haben wir über das Drehelement am Lenkrad den Eco-Modus aktiviert. Es mag überraschend bis verwegen oder auch platt klingen: Er hat uns nachhaltig fasziniert. Der Porsche Taycan GTS ist in dieser Variante auf die Spitzengeschwindigkeit von 140 Stundenkilometer gedrosselt. Er scheint es zu akzeptieren und er reiht sich klaglos in den Kolonnenverkehr auf der Mittelspur ein. Kein Gedränge, kein Stress. Ruhig geht es voran, stetig und – natürlich – es schont die Batterie. Bis zu 385 Kilometer weit soll es der Taycan GTS nach dem gängigen WLTP-Standard laut Angaben des Herstellers mit einer Akkuladung im Eco-Modus schaffen.

Wir halten die Prognose für sehr optimistisch. Generell sind es ohnehin Angaben von relativem Wert, weil der Elektro-Porsche auch an der Schnellladesäule punktet. Wir können bezeugen, dass der Taycan phasenweise mehr als 220 Kilowatt pro Stunde in seine Batterie zog. Als wir loslegten, war sie zu 15 Prozent gefüllt, innerhalb weniger Minuten bereits halb voll, und nach 20 Minuten zu mehr als 80 Prozent aufgeladen.


Ein zuverlässiger Helfer ist in diesem Zusammenhang das Navigationssystem des E-Porsche. Darin lassen sich gezielt die für den Taycan idealen Ladepunkte programmieren und ansteuern. Es hat den Vorteil, dass der Akku des Stromers perfekt vortemperiert die Station erreicht und entsprechend schnell aufgeladen werden kann. Stecker in die Buchse, einmal schnell um die Ecke, ein Schluck Mineralwasser. Es mag klingen wie eine Leier in der Melodie der Mobilitätswende, doch der Porsche ist auch an der Ladesäule einer der Schnellsten. Die bewundernden Blicke der Mitladenden sind dem Taycan GTS immer und überall sicher. Selbst an den vielen Tankstellen, die ihr Angebot an Ladepunkten gerade im Höchsttempo erweitern, linsen die Lenker mit dem Benzin im Tank hemmungslos herüber.



Technische Daten

​Hersteller

Porsche

Modell

Taycan GTS

Antriebsart

Elektro

Leistung

440 kW (598 PS)

Maße / Gewicht

4.963 x 1.966 x 1.381 mm / 2.295 kg

Türanzahl

5

Kofferraum­volumen

84 l (vor.), 407 l (hin.)

Batteriekapazität

83,7 / 93,4 kWh (netto/brutto)

Ladeleistung

11 kW / 270 kW (AC/DC)

Reichweite

385 km

0-100 km/h

3,7 Sekunden

Spitze

250 km/h

Preis

ab 131.834 Euro


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