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Trend zum E-Lkw: Alles auf Akku

  • Wolfgang Plank
  • vor 6 Stunden
  • 5 Min. Lesezeit

Flexibel einsetzbare E-Plattformen, gigantische Stromer auf dem Bau, Drohnen im Kofferraum: Batteriegetriebene Modelle sind das Trendthema über alle Branchen der Mobilität hinweg – innovativ und nachhaltig im Zeitgeist.


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Noch ist die schwarz-rote Bundesregierung keine 100 Tage im Amt – doch schon mehren sich die Fragen, wie das mit Elektromobilität in der Breite noch etwas werden soll. Fast nirgendwo auf der Welt ist Strom teurer als hierzulande, und preiswerte Akkuautos sind immer noch Mangelware. Für Privatleute also wenig Anreiz zu Stromern. Stattdessen sollen Firmen neue E-Fahrzeuge bereits im ersten Jahr zu 75 Prozent abschreiben dürfen. Und damit sich das für diejenigen, die zumeist bereits ohnehin gut situiert sind, auch lohnt, dürfen die begünstigten Autos nun sogar bis zu 100.000 Euro kosten.


Autonom bis zu einer Tonne: Speziell für Logistikunternehmen und zusammen mit dem australischen Partner Applied EV hat Suzuki den Blanc Robot entwickelt.
Autonom bis zu einer Tonne: Speziell für Logistikunternehmen und zusammen mit dem australischen Partner Applied EV hat Suzuki den Blanc Robot entwickelt.

Es könnte also schwierig werden, mehr und mehr Menschen für die Vorzüge spritfreien Fortkommens zu begeistern. Doch zur Mobilitätswende zählen keineswegs nur Pkw. Quer durch die Republik sind auch zahlreiche Kastenwagen und Pritschen unterwegs. Gesteuert von Zustellern, Installateuren, Landschaftsgärtnern, Fliesenlegern – und selbstverständlich Elektrikern. Was alle eint: tagsüber kurze Strecken, nachts in aller Regel viel Zeit zum Laden. Ideal also für den Antrieb per Akku. Viele denken bereits um: Obwohl die Neuzulassungen von leichten Nutzfahrzeugen 2024 um 12,2  Prozent zurückgingen, legten Elektro-Vans um 32,6  Prozent zu.


Noch steiler verläuft der Anstieg bei elektrisch betriebenen Schwergewichten. Während der gesamte Lkw-Markt in der EU um 16 Prozent schrumpfte, wuchs das Segment der Elektrolaster um 50,6 Prozent auf einen Anteil von 3,5  Prozent. Bei Bussen zeigt sich der Trend noch deutlicher. In einem um 1,8 Prozent schwindenden Markt legten elektrische Versionen um 50,3  Prozent zu. Schon jeder fünfte Bus in der EU ist mit Strom unterwegs. Mercedes-Benz meldet aktuell, seit dem Serienstart des eCitaro 2018 seien mehr als 2500 Exemplare des akkubetriebenen Niederflurbusses in Mannheim vom Band gelaufen und zur Kundschaft gerollt.


Starke Leistungsdaten


Allerdings sind gerade bei großen Gefährten mittlerweile Fahrer rar. Gemeinsam mit seinem australischen Partner Applied EV reagiert Suzuki auf den Fachkräftemangel mit einer rollenden Batterieplattform für autonome Transporte. Als Kunden hat man Logistikunternehmen im Visier, die auf das Modell „Blanc Robot“ je nach Einsatz ihre speziellen Aufbauten schrauben können. Er soll Tempo 80 erreichen und bis zu einer Tonne tragen dürfen. Einsatzmöglichkeiten sehen die Japaner überall da, wo es für Menschen am Steuer zu monoton, zu dreckig oder grundsätzlich zu gefährlich ist.


Voll im Trend: Mehr als 2500 Exemplare des Niederflurbusses Mercedes eCitaro sind bereits im Einsatz.
Voll im Trend: Mehr als 2500 Exemplare des Niederflurbusses Mercedes eCitaro sind bereits im Einsatz.

Auch am Bau steigt die Spannung – vom Akkustampfer bis zum elektrischen Radlader. Minibagger wie der Cat 301.9 electric mit fast zwei Tonnen Gewicht kommen mit voller Batterie auf sechs bis acht Arbeitsstunden, selbst im Dauereinsatz sind nach Firmenangaben immer noch vier bis fünf Stunden möglich. Der 600-Volt-Kettenbagger Cat 320 electric bringt es auf mehr als das Zehnfache an Gewicht. Dennoch ermöglicht seine 320 Kilowattstunden große Batterie bei normaler Belastung ebenfalls eine Achtstundenschicht. In einem ähnlichen Bereich bewegt sich der Radlader L120H von Volvo. Kollateralnutzen der E-Technik: Der 240-kWh-Akku im Heck dient gleichzeitig als Gegengewicht für die große Schaufel.


Praktisch gelöst: Der 240 Kilowattstunden starke und entsprechend schwere Akku des Volvo-Radladers L120H dient als Gegengewicht für die Schaufel.
Praktisch gelöst: Der 240 Kilowattstunden starke und entsprechend schwere Akku des Volvo-Radladers L120H dient als Gegengewicht für die Schaufel.

Doch es ist noch mehr drin: Auf der Bauma in München, der Weltleitmesse für Baumaschinen, hat Bosch Engineering erst im April ein neuentwickeltes 800-Volt-System mit Siliziumkarbid-Inverter präsentiert. Im Idealfall bietet es eine Dauerleistung von bis zu 200 Kilowatt und ein Drehmoment von 250 Newtonmetern. Kurzfristig können sogar bis zu 550 bereitgestellt werden. Gegenüber einer 400-Volt-Maschine liefert der neue Motor bei identischem Gewicht bis zu 80 Kilowatt mehr Leistung.


Gigantische Rekuperation


Das alles sind jedoch Peanuts gegen den Lynx – zu Deutsch: Luchs. Das größte Elektrofahrzeug der Welt basiert auf einem umgebauten Komatsu-Modell und transportiert schon seit 2018 je Fuhre mehr als 60 Tonnen Kalk und Mergel aus einem Steinbruch im Berner Jura. Der auch E-Dumper genannte Muldenkipper bringt es voll beladen auf 111 Tonnen, allein der 600-kWh-Akku wiegt schon mehr als vier Tonnen. Der Clou: Da der Lynx immer leer nach oben fährt und gefüllt nach unten, gewinnt er durch Rekuperation mehr Energie als er verbraucht. Aktuell ist eine noch größere Variante in Planung, die dann 100 Tonnen Nutzlast haben soll.


XXL-LASTER: Der Muldenkipper EH4000 von Hitachi ist 14 Meter lang und 160 Tonnen schwer, den Strom zieht er größtenteils aus einer vier Kilometer langen Oberleitung.
XXL-LASTER: Der Muldenkipper EH4000 von Hitachi ist 14 Meter lang und 160 Tonnen schwer, den Strom zieht er größtenteils aus einer vier Kilometer langen Oberleitung.

Okay, der 14 Meter lange und unbeladen schon mehr als 160 Tonnen schwere Muldenkipper EH4000 des japanischen Herstellers Hitachi kann das noch toppen. Er zieht in einer Kupfermine im südafrikanischen Sambiaseine Bahnen. Allerdings ist seine Batterie wesentlich kleiner, weil der Gigant hauptsächlich über eine etwa vier Kilometer lange Oberleitung mit Strom versorgt wird.


Neues gibt es auch vom unteren Ende der Akkuskala. E-Bikes sollen leichter werden und sich wieder stärker dem traditionellen Bild eines Fahrrads annähern. Auf der CES in Las Vegas hat der chinesische Pedelec-Hersteller Urtopia ein scheinbar klassisches Rennrad präsentiert, dessen im 3D-Druckverfahren hergestellter Titanrahmen dennoch Raum für Mittelmotor und Batterie bietet. Inklusive elektronischer Zwölfgangschaltung wiegt das gesamte E-Bike nur zehn Kilogramm, einzig das Tretlagergehäuse fällt etwas größer aus als üblich.


Abgehoben: Der Land-Aircraft-Carrier AeroHT beinhaltet eine akkugetriebene Personendrohne im Heck, bei Bedarf sollen Ausflüge über die Distanz von mehreren Kilometern möglich sein.
Abgehoben: Der Land-Aircraft-Carrier AeroHT beinhaltet eine akkugetriebene Personendrohne im Heck, bei Bedarf sollen Ausflüge über die Distanz von mehreren Kilometern möglich sein.

Nichts mit Antrieb, wohl aber mit Sicherheit hat „Battery Lock“, die neueste Idee von Bosch, zu tun. Dabei wird der Akku deaktiviert, sobald das Rad ausgeschaltet wird. Sollte ein Dieb die erbeutete Batterie in ein anderes Elektrorad einbauen, verweigert der Motor schlicht die Unterstützung. Nutzung und Weiterverkauf: Fehlanzeige.


Mix aus Cybertruck und Bulli


Insgeheim streben jedoch auch die Elektroenthusiasten nach Höherem: dem uralten Menschheitstraum vom Fliegen. Die Xpeng-Tochter AeroHT arbeitet an einem Land-Aircraft-Carrier. Die batteriebetriebene Dreiachsmixtur aus Cybertruck und Bulli hebt zwar nicht selbst ab, beherbergt im Heck jedoch für alle Fälle eine elektrische Personendrohne, die während der Fahrt und beim Parken mit Strom versorgt wird. Eine volle Batterie soll bis zu sechs Flüge über mehrere Dutzend Kilometer ermöglichen. Ende 2026 soll dieser E-Zwitter in Serie gehen.


Strom aufwärts heißt die Devise auch bei Hyundai. Die mit dem Fahrdienst Uber entwickelte Drohne SA-1 soll künftig bis zu vier Personen in einer Höhe von 300 bis 600 Metern mit bis zu Tempo 290 etwa 100 Kilometer weit befördern können.


Das Geschäft mit den E-Drohnen wird von den Luftfahrtbehörden stark reguliert, worunter speziell die Start-ups in diesem Segment zu leiden haben.
Das Geschäft mit den E-Drohnen wird von den Luftfahrtbehörden stark reguliert, worunter speziell die Start-ups in diesem Segment zu leiden haben.

Natürlich sind solche Systeme als Rettungskapsel in Katastrophenfällen ebenso vorstellbar wie als Spielzeug für gelangweilte Milliardäre, denen ihre Rolls-Royce- oder Ferrari-Sammlung keinen Kick mehr gibt. Noch braucht es für derartige Extratouren allerdings neben dem Führer- auch einen Pilotenschein, was den Kreis der Interessenten deutlich einschränken dürfte. Von der Bürokratie bei den Luftfahrtbehörden gar nicht zu reden. Und auch sonst ist die Zukunft in den oberen Regionen eher ungewiss. Die deutschen Start-ups Lilium und Volocoptor haben mit ihren Visionen vom Vogelflug jedenfalls schon finanzielle Bruchlandungen hingelegt.


Derweil geht in den Laboren die Arbeit weiter. Getüftelt wird mit Supraleitern, Schwefel-Aluminium-Akkus und Anoden aus Silizium, Niob oder Wolfram. Weltweit suchen Forscher nach dem heiligen Gral – der Festkörperbatterie, bei der Plus und Minus keine Flüssigkeit trennt, sondern eine hauchdünne Schicht aus Glas oder Keramik. Aktuell dominiert hier China, Toyota will die Technologie immerhin ab 2027 serienreif haben, bei Mercedes und Hyundai steht 2030 im Kalender. Fragt sich, was bis dahin der Strom kostet?


Fotos: Applied EV, eCitaro, Radlader L120H, Hitachi Construction Machinery Develops EH4000AC, Xpeng, Lilium

 
 
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