„Unser Service ist der Schlüssel“ – ATU-Flottendirektor Georg Thoma im Interview
- Armin Grasmuck

- 25. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Georg Thoma, Director Fleet & B2B Partnerships bei ATU, über die Autowerkstatt der Zukunft, speziell ausgebildete Fachkräfte für E-Mobilität und die herausfordernde Transformation von Dienstfahrzeugen.

Die aktuelle Umfrage unter 45.000 electricar-Lesern führt ATU in der Kategorie „Werkstatt für E-Mobilität“ klar auf Platz eins. Werten Sie dies als Beleg dafür, dass Ihre Strategie, den Service für batteriegetriebene Autos zu intensivieren, aufgegangen ist?
Georg Thoma: Dieses Ergebnis freut uns selbstverständlich. Es zeigt, dass sich auch die Kunden mit Elektroautos bei uns sehr gut aufgehoben fühlen. Was unser Geschäft mit der E-Mobilität betrifft, das müssen wir differenziert betrachten: Wir haben einmal die bekannten europäischen Hersteller, da läuft die E-Mobilität aus unserer Sicht hervorragend. Deren Fahrzeuge haben wir allerdings eher selten in unseren Werkstätten, weil die meisten noch über Garantieverhältnisse abgedeckt sind. Das sieht ganz anders aus, wenn wir die asiatischen Hersteller betrachten. Neue Brands, die bei uns auf den Markt kommen. Für diese bleibt der Eintritt in diesen neuen Markt – Europa oder konkret Deutschland – eine große Herausforderung. Wir bieten uns hier als Einstiegsmittler an, weil wir wissen, dass eine neue Marke noch gar nicht so mit Werkstätten ausgestattet sein kann wie etablierte. Da kommen wir mit unseren rund 530 Filialen und sagen: Wir haben das mit erfolgreichen Konzepten bei Aiways und Vinfast auf den Markt gebracht.
Welche konkreten Erfahrungen haben Sie diesbezüglich in der Praxis gemacht?
Der Verkauf ist die eine Seite, die zuverlässige Wartung der Autos die andere. Unser Service ist der Schlüssel. In der Phase von Corona, als Neufahrzeuge auf dem Markt knapp waren, kauften die Manager der großen Flotten zunehmend E-Mobile – egal von wem. Als dann das Thema Service anstand, hatten sie das Problem: Wie warte ich? Und wo kriege ich den passenden Service? Das hat auch dazu geführt, dass manch einer sagte: Sorry, es haut nicht hin. Wir müssen zusammen mit dem Hersteller die Prozesse für Deutschland aufbauen. Das bezieht sich auf sprachliche Herausforderungen und Themen wie etwa die Ersatzteilbeschaffung. Deswegen haben wir frühzeitig auf E-Mobilität gesetzt – und Hochvolttechniker der Stufen eins und zwei bereits seit Jahren in allen Filialen.
Sind Sie überrascht, dass die Akzeptanz der batteriegetriebenen Fahrzeuge in der Allgemeinheit nur langsam wächst?
Naja, die EU hat ja gerade ein paar Vorschläge unterbreitet, wie man die E-Mobilität hochgradig beschleunigt nach vorn treiben kann. (lacht) Und wenn ich den Zahlen von Dataforce trauen kann: 60 Prozent der neu angemeldeten Flottenfahrzeuge sind elektrisch. Was den breiten Markt betrifft: Da gibt es zwei Herausforderungen, den ländlichen und den städtischen Bereich. Aus der Praxis weiß ich: Es gibt ein Einstiegsproblem, wenn die Ladeinfrastruktur nicht steht und die Reisen zu komplex werden. Oder wenn ich im urbanen Raum das Gefühl habe: Wo kriege ich meinen Strom her? ATU hat dieses Problem ebenfalls erkannt und baut in gut 400 Filialen Schnellladesäulen auf.

Elektrifizierte Fuhrparks und Flotten sind die Treiber der Mobilität von morgen. Wie registrieren Sie diesen Trend?
Die Akzeptanz der E-Mobilität ist faktisch gestiegen – auch weil inzwischen andere Fahrzeuge angeboten werden. Nicht mehr nur modern futuristisch mit unheimlich viel Bling Bling – speziell bei den Modellen aus Asien, wo die Autos anders wahrgenommen werden. Doch die Standardhersteller haben das etwas reduziert, deren Fahrzeuge werden wieder normaler. Ich komme mir als Fahrer also nicht mehr vor, als würde ich im Raumschiff sitzen. Das trägt deutlich zur Akzeptanz der Elektromobilität im Segment der Firmenkunden bei.
Agenturmodelle, Internet-Leasing, Autos im Abo: Die Arten, ein Fahrzeug zu erwerben, haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Immer öfter geht es schnell und einfach. Warum erörtern viele Kunden oft viel zu spät, wann, wie und wo der Pkw gewartet wird?
Das sind genau die Punkte, die auch den Privatkunden bremsen. Er kauft sich das Auto nicht für zwei oder drei Jahre. Im Gegensatz zum Firmenwagen, der meistens in diesen überschaubaren Zeiträumen fährt – geleast oder gemietet. Der Privatkunde, das sehen wir in unseren Filialen fährt sein Auto oft mehr als zehn Jahre. Er hat einen längeren Invest, also fragt er sich sehr wohl: Was ist mit Service und Wartung? Wie groß ist der Wertverlust des Fahrzeugs? Wie wird das Fahrzeug am Ende entsorgt. Und speziell dieses Thema Entsorgung scheint bislang noch nicht zu Ende gedacht zu sein.
„Wir haben den After-Sales-Prozess im engen Dialog mit den Herstellern aufgebaut.“
Welche Kosten kommen da auf mich zu, wenn das Auto so eine große Lithiumbatterie hat? Wo kann ich es abgeben? Das ist ein Risiko, mit dem sich der Kunde auseinandersetzen muss. Und ein Hürde, die unbedingt abgebaut werden muss.

Wie kann ATU die Betreiber von elektrifizierten Fuhrparks nachhaltig unterstützen?
Wir haben den After-Sales-Prozess im engen Dialog mit den Herstellern aufgebaut, mehrfach etabliert und im Griff. Wir sind in der Lage, alles, was kompliziert ist, komplett in unserem System abzubilden. Das heißt, und das ist der entscheidende Punkt: Wenn ein Hersteller zum Beispiel sagt, er verkauft seine Fahrzeuge nur im Ruhrgebiet, können wir das zentralisiert im Ruhrgebiet machen. Und falls er morgen 4000 Fahrzeuge bundesweit unter die Leute bringt, haben wir das Konzept auf Knopfdruck in allen Filialen gespiegelt. Wir können es sofort ausrollen und schulen. Das ist dann nur eine Frage der Skalierung und der Geschwindigkeit. Doch die Professionalität, alles von vorne bis hinten zu wissen: Was brauche ich? Mit welcher Software komme ich an das Auto ran? Welche Geräte brauche ich im Detail? Das ist kein Problem für uns. Schwierig wird es nur, wenn jemand ein geschlossenes System hat. Da wird sogar der Reifenwechsel extrem herausfordernd.
Bieten Sie Ihre Dienste auch für die neuen Hersteller aus dem asiatischen Raum an, deren Namen nur die wenigsten kennen?
Natürlich, wir helfen ihnen sogar proaktiv – weil wir die großen Firmenkunden fast alle kennen. Und auch deren Anforderungen. Das heißt konkret: Ich möchte möglichst mit einem Termin alle Anliegen geklärt haben. Ich möchte nicht dreimal kommen. Bei Firmenkunden geht es da um viel Geld, deshalb muss es funktionieren.
„Es macht einfach Sinn, den Bereich After Sales frühzeitig in die Marktstrategie zu integrieren.“
Sind neben Aiways und Vinfast kurz- oder mittelfristig weitere Kooperationen zu Automobilherstellern angedacht?
Wir sind in Gesprächen. Details kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht nennen. (lacht) Direkt im Anschluss an dieses Gespräch befassen wir uns mit einem Thema, das in die gleiche Richtung geht: ein komplettes Netzwerk, das aus Asien kommt und perspektivisch nach Europa übertragen werden soll. Es macht einfach Sinn, den Bereich After Sales frühzeitig in die Marktstrategie zu integrieren.

Wie betrachten Sie persönlich die Entwicklung der E-Autos, speziell was Technik, Software und Leistungsdaten wie Reich-weite betrifft?
Es gab, auch bei deutschen Herstellern, die Tendenz: keine Knöpfe mehr im Auto. Ich hatte selbst so einen Wagen, wollte bei Tempo 180 die Sitzheizung auszuschalten. Es war schwierig, den richtigen Punkt auf dem Touchscreen zu treffen. Vieles hat man entwickelt, weil die Technik es kann. Ob der Kunde es braucht, ist die andere Frage. Der Knopf ist für manche Funktionen einfach besser geeignet.
Digital geprüft
Innovativ und ideal für Fuhrparks und Flotten: Der Geschäftskundenbereich von ATU bietet einen neuen Service zur digitalen Kontrolle des Führerscheins, für den sich die Manager der Fuhrparks online registrieren können. Diese von der künstlichen Intelligenz gestützte Lösung ermöglicht es schnell und einfach, die gesetzlich vorgeschriebenen Intervalle zur Kontrolle und Unterweisung individuell einzuplanen, Termine im Blick zu behalten und die in der Werkstatt durchgeführten Maßnahmen rechtssicher zu dokumentieren. Über diese Flottenlösung können deutsche und internationale Führerscheine kontrolliert werden. Die Geschäftskunden können im Internet auf das entsprechende Menü zugreifen, alle gängigen Browsertypen werden unterstützt. Weitere Infos unter atu-flottenlösungen.de/fuehrerscheinkontrolle



