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Changan: Der chinesische Hersteller kommt ambitioniert nach Europa

  • Autorenbild: Beatrice Bohlig
    Beatrice Bohlig
  • 26. Juni
  • 5 Min. Lesezeit

Der chinesische Konzern Changan kommt mit großen Ambitionen. In einer Schlüsselrolle agiert Chefdesigner Klaus Zyciora. Als ehemaliger Topmanager von VW kennt er die Vorlieben der potenziellen Kundschaft.



Bisweilen betätigt sich Zhu Huarong auch als Übersetzer. „Chang“, das bedeute im Chinesischen so viel wie „von langer Dauer“, erklärte der Topmanager aus Fernost Mitte März seinen Gästen im Mainzer Veranstaltungszentrum Pyramide. „An“ wiederum bedeute „Frieden und Stabilität“.


Die erste Botschaft des Chairman von Changan Automobile war damit gesetzt: Mit dem Unternehmen aus der Megalopolis Chongqing am Zusammenfluss von Jangtsekiang und Jialing im Südwesten Chinas mache sich ein neuer Player aus China an den Markteintritt in Europa, der sich nachhaltige und harmonische Handelsbeziehungen rund um die E-Mobilität erhofft.

Aufhorchen ließ das Publikum in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt jedoch auch Zhu Huarongs Vier-Worte-Formel, die er mit einem Lächeln betonte: „In Europa, für Europa“ wolle der von ihm geführte Autokonzern wirken. Diese Maxime erinnerte gewiss nicht von ungefähr an den Leitsatz „In China, für China“, dem umgekehrt Europas Marktführer Volkswagen im Reich der Mitte folgt.


Und so war es sicher auch kein Zufall, dass der Changan-Chef in seiner Begrüßungsrede nur einen einzigen Manager aus dem achtköpfigen Führungsteam persönlich adressierte: Klaus Zyciora, als Vice President verantwortlich für das Design. Just in diesem Metier hatte Zyciora vor seinem Wechsel zu Changan viele Jahre für den VW-Konzern in Wolfsburg gearbeitet. Der gebürtige Hamburger genießt weltweit hohes Renommee für sein Verständnis von Formen, Farben, Materialqualität – und betont elegant-gediegenem Stil.


An seinen Aufgaben bei Changan reize ihn etwa die Vielfalt von Herausforderungen, sagte Zyciora im Interview mit electricar. So stelle das Auto in China für viele Nutzer eine Art „Zweitwohnung“ dar – mit den entsprechenden Anforderungen an Ästhetik, Komfort und digitale Services. Zudem sei Design im Reich der Mitte schnelllebig, fast schon wie in der Modebranche. Umso bedeutsamer ist es für ihn und seine Teams, jene Trends aufzuspüren und umzusetzen, die aller Voraussicht nach in zwei Jahren das Autogeschäft auf wichtigen Märkten prägen werden.


Stolz ist Zyciora vor diesem Hintergrund auch auf die ausgeprägte Internationalität in seinen Teams. Aus 31 Nationen stammen die gut 990 Designerinnen und Designer in Diensten von Changan, von denen rund ein Drittel zum norditalienischen Designzentrum Turin gehören.


Trendsetzer - Klaus Zyciora, der Designchef von Changan, im Gespräch mit electricar-Autorin Beatrice Bohlig.
Trendsetzer - Klaus Zyciora, der Designchef von Changan, im Gespräch mit electricar-Autorin Beatrice Bohlig.

Ehrgeizige Wachstumspläne


Die Idee dahinter leuchtet ein: Da Changan in der ersten Phase seines nun beginnenden Europageschäfts auf die Schlüsselmärkte Deutschland, Vereinigtes Königreich, Niederlande und Norwegen zielt, gilt es, „die visuelle Attraktivität und Marktfähigkeit seiner Fahrzeuge zu verbessern“, wie das Unternehmen mitteilt. Da ist auch italienisch angehauchtes Design fraglos von großem Vorteil. Weiter lässt Changan wissen, man betreibe in Europa „ein F&E-Zentrum in Birmingham (UK), das sich der Entwicklung der nächsten Fahrzeuggeneration widmet, sowie den neu gegründeten europäischen Vertriebshauptsitz in München, Deutschland, einer Stadt, die für ihr Automobilerbe und ihre Innovation bekannt ist“.


Und, nicht minder wichtig: Besagte Europazentrale in der pulsierenden Bayernmetropole, Stammsitz unter anderem des stolzen BMW-Konzerns, „wird nicht nur Vertrieb, Marketing und Service abwickeln, sondern sich auch auf Kundeneinblicke, Marktforschung, technische Richtlinien, Homologation und lokale Produktentwicklung konzentrieren“. Hinzu kommt: „In den Niederlanden richtet Changan derzeit ein europäisches Ersatzteilzentrum ein, das als zentraler Vertriebspunkt für das Händlernetzwerk dienen wird“.


Stilvolles Design - Die Modelle von Changan verbinden hochmoderne Technik aus China mit europäischem Ambiente.

„In Europa, für Europa“.


Zu seiner chinesischen Herkunft möchte sich Changan in der Außendarstellung klar bekennen. Eigene Pop-up-Stores, Label-Garages oder sogenannte Houses wie andere Anbieter aus dem Reich der Mitte sind aber derzeit nicht geplant.


Die Ambitionen des Unternehmens, das 1984 mit dem Autobau begann und heute weltweit 82.000 Menschen beschäftigt, sind so beachtlich wie selbstbewusst. Rechnet Changan für das laufende Jahr mit einem weltweiten Absatz von drei Millionen Einheiten, von denen eine Million auf „New Energy Vehicles“ entfallen sollen, stehen für 2030 schon fünf Millionen Neuwagen in der Planung – davon drei Millionen mit elektrifiziertem Antriebsstrang. In fünf Jahren will Changan zu den weltweit zehn größten Autoherstellern zählen.


Das Beste aus zwei Welten


Mehrere Autolabel bündelt der Konzern unter seinem Dach, und drei davon bringt er nach Europa: Changan (Markenclaim: „Evolution in Motion“) und Deepal („Touch the Future“) sowie Avatr („Your most emotional intelligent Companion“).


Zum Auftakt rollt das elektrische SUV Changan Deepal S07 als Topmodell an – „zu Preisen ab rund 45.000 Euro“, wie Nic Thomas, Marketingdirektor für Europa, wissen ließ. Folgen wird das kompaktere Modell S05, das als reiner Stromer sowie in Range-Extender-Varianten zu haben sein soll, „um unterschiedliche Kundenbedürfnisse zu erfüllen“.


Der S07 ist 4,75 Meter lang, misst 1,93 in der Breite – und knapp 1,63 Meter in der Höhe. Chefdesigner Klaus Zyciora hebt die „aerodynamisch optimierte Karosserie“ des Viertürers hervor, dem unter anderem integrierte Türgriffe und ein dezenter Heckspoiler „durchaus sportlichen Charakter“ verleihen. Weitere Akzente setzen etwa „schmale Scheinwerfer mit auffälliger Tagfahrlicht-Signatur und ein durchgehender LED-Streifen am Heck, der die Breite des Fahrzeugs betont“.


Futuristische Kulisse - Autorin Bohlig vor dem Veranstaltungszentrum Pyramide am aktuellen SUV der Marke Avatr
Futuristische Kulisse - Autorin Bohlig vor dem Veranstaltungszentrum Pyramide am aktuellen SUV der Marke Avatr

Überraschende Elemente


Mit seiner 79,97-kWh-Lithium-Ionen-Batterie soll der S07 eine Reichweite von bis zu 475 km nach WLTP bieten. Und mit seiner Schnellladefunktion von bis zu 93 Kilowatt lasse sich die Batterie an einer Stromzapfstelle in 35 Minuten von 30 Prozent auf 80 Prozent bringen.


Die Höchstleistung beträgt 160 Kilowatt, also 217 PS, das maximale Drehmoment 320 Nm. Den Spurt von null auf Landstraßentempo 100 soll der Changan Deepal S07 in unter acht Sekunden meistern. All das sind fraglos grundsolide Werte. Doch auch komplett Überraschendes haben die Chinesen im Portfolio. Ihr ebenfalls für Europa vorgesehener Changan E07 etwa ist eine kurios anmutende Mischung aus Pick-Up, Coupé und SUV. Der Clou ist die auf Knopfdruck ein- und ausfahrende Glasabdeckung der Ladefläche.


Flotte Linien - Der Changan E07 ist ein Mix aus Pick-Up, Coupé und SUV.
Flotte Linien - Der Changan E07 ist ein Mix aus Pick-Up, Coupé und SUV.

Spezielle Ansätze im Design


Chefdesigner Zyciora gilt wie der Firmenspitze eine Kombination von hochmoderner Technologiekompetenz aus China, insbesondere in Bereichen wie Elektrifizierung und Konnektivität, mit raffinierten europäischen Designansätzen als besonders verheißungsvoll.


Auch auf diese Weise wolle Changan laut Zyciora „rundum überzeugende Elektrofahrzeuge“ bieten, die unter anderem auf die Wünsche europäischer Verbraucher zugeschnitten sind. Um die hohen Investitionen in elektrische Antriebskonzepte und Batterieentwicklung sowie die engen Partnerschaften mit namhaften Zulieferern zu unterstreichen, ließ Zhu Huarong in der Mainzer Pyramide eine Reihe von Grußbotschaften befreundeter Topmanager als Videoclips einspielen.


Startklar für Europa Das rein elektrische SUV Deepal S07 ist das erste Modell, das Changan anbietet - zu Preisen ab 45.000 Euro.
Startklar für Europa Das rein elektrische SUV Deepal S07 ist das erste Modell, das Changan anbietet - zu Preisen ab 45.000 Euro.

Renommierte Zulieferer


Die Stärken von Changan priesen darin international bekannte Führungskräfte von Bosch, Marelli, NXP, von Webasto und Ford. Auch Philipp von Hirschheydt, Automotive-Vorstand des Continental-Konzerns, schickte beste Wünsche – und dürfte sich über die Erstausstattung vieler Changan-Fahrzeuge mit Conti-Pneus freuen.


Toru Nakajima war sogar persönlich nach Mainz gereist. Der langjährige Topmanager der japanischen Mazda Motor Corporation firmiert heute als President des Gemeinschaftsunternehmens Changan Mazda Automobile Co. Ltd. – gegenüber electricar bekräftigte er: „Dies ist ein schöner Tag für unser Unternehmen, ein strategischer Schritt von großer Bedeutung“.


Klaus Zyciora blickt schon weiter voraus: „Wir wollen Fahrzeuge schaffen, die visuell ansprechend sind – und in jeder Hinsicht relevant für europäische Verbraucher.“


//Fotos: Beatrice Bohlig//

 
 
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