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Der GWM Ora 07 im ELECTRICAR-Praxistest

Autorenbild: Armin GrasmuckArmin Grasmuck

Der GWM Ora 07 ist der Hingucker mit dem gewissen Etwas – und kräftigem Vortrieb.



Gestatten, Ora! Ora null sieben. Das neue Modell des chinesischen Herstellers Great Wall Motor ist im ersten Eindruck nur schwer zu definieren. Ist es sportlich oder elegant geschnitten? Kraftvoll oder eher dezent auf der Spur? Fest steht: Der GWM Ora 07 ist einer wie keiner. Und einer, der keinen kalt lässt.

Wo er vorfährt, verdrehen sich die Hälse. Dieser Stromer mit dem dicken Ausrufezeichen im Logo, zentral auf der Frontpartie platziert, ist eine Marke für sich. Aufgepasst! Hergeschaut! Und reingesetzt! Wer wissen möchte, was in diesem Unikum aus dem Reich der Mitte steckt, tritt gefälligst das Strompedal. Also steigen wir ein.


Oha, Ora, auch hier: das kräftige Ausrufezeichen – mitten auf dem Lenkrad! Und doch: Obgleich dieser batteriegetriebene Neustarter konsequent als Modell für die Mobilität von morgen konzipiert worden ist, wirkt er irgendwie vertraut. Das Fahrerdisplay, die Hebel und Wippen am Steuer sowie die Drehregler auf der breiten Mittelkonsole. Speziell im Vergleich zu einigen radikal reduziert gestalteten Konkurrenten gibt sich der Ora 07 betont griffig. Alles an der richtigen Stelle, so scheint es.


Ja, dieses Fahrzeug pflegt auch im Innenraum seinen eigenen Charakter. Aufwendig und mit dem Blick für das Detail gestaltet, so wirkt das Interieur. Gut gepolstert, fein die Ziernähte, Elemente aus echtem Metall, sauber verarbeitet. Die Sitze fühlen sich angenehm an, komfortabel und stabil, auch was den Seitenhalt betrifft.


Im Praxistest - electricar-Chefredakteur Armin Grasmuck fährt den GWM Ora 07 in der GT-Variante.
Im Praxistest - electricar-Chefredakteur Armin Grasmuck fährt den GWM Ora 07 in der GT-Variante.

Mit dem Einstieg fahrbereit


Wir drücken den Startknopf ... das heißt: Wir würden gerne. Denn dieser Stromer hat keinen. Wer hier einsteigt, wird über den Autoschlüssel identifiziert. Der Ora 07 ist folglich startbereit. Wir schieben den Hebel rechts hinter dem Lenkrad auf D wie Drive, und los geht's.


Angenehm ruhig rollt die Limousine über den Asphalt. Fast schnurrt sie. Auch weil wir das Strompedal behutsam treten. Von der Kraft, die in ihrem Antrieb steckt, ist noch wenig zu spüren. Tempo 90 auf der Bundesstraße. Wir testen den Tempomaten, den Hebel rechts am Lenkrad zweimal nach unten gedrückt – jetzt regelt der Ora die Geschwindigkeit von selbst. Gleichzeitig ist der Spurhalteassistent aktiviert. Die Hände sind am Lenkrad, doch zumindest auf der Geraden fährt der Stromer in Eigenregie. Er bremst, wenn der Abstand zum Vorausfahrenden zu knapp wird – und er beschleunigt nach Bedarf.


Hände sind am Lenkrad, doch zumindest auf der Geraden fährt der Stromer in Eigenregie. Er bremst, wenn der Abstand zum Vorausfahrenden zu knapp wird – und er beschleunigt nach Bedarf.


Fahrerkontrolle via Kamera


Wir sind gerade dabei, dieses Dahingleiten zu genießen, da dröhnt es aus den Lautsprechern: „Auf Fahrt konzentrieren!“ Sagt eine weiblich klingende Stimme mit strengem Unterton. Und kurz darauf: „Gefahr! Auf die Straße achten!“ Wie bitte? Wir waren zu jeder Zeit voll bei der Sache. Wir haben den Verkehr im Blick – und keine gefährliche Situation erkannt. Ermahnt uns dieses künstlich intelligente Sicherheitssystem, das uns über Kameras während der Fahrt durchgehend beobachtet und kontrolliert, weil wir kurz nach links aus dem Fenster blickten? Oder waren unsere Augen etwas zu lang auf dem Touchscreen? Keine Ahnung. Trotzdem fühlen wir uns irgendwie unwohl ...


Die Verkehrszeichen zeigen 70. Wir übernehmen wieder die Kontrolle des Fahrzeugs. Doch da: „Tatatata ta tata ta!“ Wieder der Lautsprecher, wieder einen Tick zu laut. Der Geschwindigkeitswarner. Wir sind drei Stundenkilometer zu schnell. Und ein paar hundert Meter weiter: „Ding dong!“ Der Assistent für die Fahrspur. Wir sind offenbar zu nah am Straßenrand.


Alles im Griff - Die Steuerelemente des GMW Ora 07 sind allesamt vom Fahrersitz aus gut erreichbar. Auch die Fahrgäste in der zweiten Reihe können ein großzügiges Platzangebot genießen.
Alles im Griff - Die Steuerelemente des GMW Ora 07 sind allesamt vom Fahrersitz aus gut erreichbar. Auch die Fahrgäste in der zweiten Reihe können ein großzügiges Platzangebot genießen.

Zahlreiche Assistenten


Der Ora 07 hat bereits in der Basisversion eine ganze Reihe von technischen Helfern serienmäßig an Bord. Neben dem Tempomaten und dem Geschwindigkeitswarner sind das unter anderem Assistenten für das Erkennen der Verkehrszeichen, für die Sicherheit rund um das Fahrzeug sowie Anfahrt und Halt im steilen Gelände.


Die Ansagen im Stil der Oberlehrerin sind gewöhnungsbedürftig. Es liegt am Fahrer und seinen Gästen, diese zu akzeptieren – oder per Fingerwisch abzustellen. Nüchtern festzuhalten bleibt: Im extremen Fällen von Müdigkeit oder Unachtsamkeit können die eindringlichen Hinweise von lebenserhaltendem Charakter sein.


Wir fahren auf die Autobahn gen Norden, wählen über den Drehregler auf der Mittelkonsole den Fahrmodus Sport. Strompedal durchgetreten. Und, jaha, jetzt schiebt der Ora 07 richtig an. 408 PS, es presst uns in die Sitze. 130 auf dem Tacho, doch das Fahrzeug bleibt vergleichsweise ruhig. Auch die Assistenzsysteme. Die Schräghecklimousine liegt auch bei höheren Geschwindigkeiten gut auf der Straße.


Flach und fließend


Der Ora schiebt durch bis 180, dann wird er automatisch abgeregelt. In der Spitze wird auch klar, dass es eben kein Sportwagen ist – auch wenn er aufgrund seines scharfen Schnitts so wirken mag. Wer reduzieren geschmeidig das Tempo, steuern den nächsten Rasthof an. Zeit für eine Pause – und die Gelegenheit, das Fahrzeug im Detail zu betrachten.


Tatsächlich hat der Ora 07 mit seiner extrem flachen und stark nach unten gezogenen Frontpartie etwas von einem Flitzer. Auch die ebenso flache Frontscheibe und die nach hinten fließenden Konturen samt Panoramadach geben diesem fast fünf Meter langen E-Auto die sportliche Note. Der Radstand beträgt 2,87 Meter, was für reichlich Volumen im Innenraum sorgt. Auch die Fahrgäste im Fond sitzen komfortabel. Ab der Körpergröße von 1,85 Meter besteht hier jedoch die Gefahr, dass die Frisur nachhaltig geplättet wird.




Pralles Gesamtpaket


Wir fahren den Testwagen in der Topvariante GT. Das heißt: Allradantrieb, das massive Drehmoment von maximal 680 Newtonmetern, 86-Kilowattstunden-Batterie, Reichweite 520 Kilometer. Dazu 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, elektrisch ein- und ausfahrbarer Heckspoiler, LED-Scheinwerfer, Ambientebeleuchtung, Head-up-Display, 360-Gradkamera sowie sage und schreibe 21 Assistenzsysteme.


Dieses pralle Gesamtpaket relativiert den Preis von 53.490 Euro. Alles drin! Auch die Farbe unseres Modells, Schneeweiß Metallic, ist im Preis inbegriffen. Als Extra bietet GWM nur die Sonderfarben Stahlgrau und Lila Traumlandschaft, für je 790 Euro an. In der Grundversion Pure mit 67-kWh-Akkus und der Systemleistung von 150 Kilowatt ist der Ora 07 bereits ab 41.990 Euro zu haben.


Im Kofferraum - Die akkugetriebene Fließhecklimousine bietet das Ladevolumen von 333 bis zu 1.045 Liter.
Im Kofferraum - Die akkugetriebene Fließhecklimousine bietet das Ladevolumen von 333 bis zu 1.045 Liter.

Attraktiv im Leasing


Der Stromer aus China ist selbstverständlich auch eine attraktive Alternative als Dienstwagen für Gewerbetreibende mit dem Sinn für das gewissen Etwas. Die günstigsten Leasingraten liegen derzeit in dem Bereich von 500 bis 600 Euro im Monat, bei Laufzeiten von 24 bis 60 Monaten und 10.000 Kilometer pro Jahr.


Die Aufmerksamkeit ist den Lenkern dieses einzigartigen Elektromobils in jedem Fall sicher. Grundtenor positiv. „Was ist denn das für einer?“, so lautet die stets wiederkehrende Frage derjenigen, die es etwas genauer wissen wollen. Auch hier, an der Raststätte Fürholzen, Autobahn A9, rund 25 Kilometer nördlich von München. Der Zeitgenosse im gesetzten Alter, bereit für den Umstieg auf die Mobilität von morgen, läuft gleich dreimal um den Ora. „Ora? Das kann ich mir merken. Schickes Auto, der könnte mir gefallen.“


„Zeit für eine Pause!“

Wir steigen wieder ein und machen uns auf den Rückweg. Rauf auf die Autobahn, runter an der nächsten Ausfahrt. Ein kurzer Blick auf die frostigen Winterwiesen links und rechts der Fahrbahn. „Zeit für eine Pause!“ So schneit es aus den Autolautsprechern, eiskalt und kein bisschen charmant. Echt jetzt?! Wie auch immer diese unheimlich smarten Assistenten an Bord ihre Analysen treffen: Wir nehmen sie einfach beim Wort, parken ein und lassen die Fahrt in aller Ruhe ausklingen.


Scharf geschnitten - Die Konturen und das spezielle Design geben dem Ora 07 einen einzigartigen Charakter.
Scharf geschnitten - Die Konturen und das spezielle Design geben dem Ora 07 einen einzigartigen Charakter.

Technische Daten


Hersteller

GWM

Modell

Ora 07 GT

Antriebsart

Elektro

Leistung

300 kW / 408 PS

Maße / Gewicht

4.871 x 1.862 x 1.500 mm / 2.210 kg

Antriebsachse

Allrad

Anzahl der Türen

5

Kofferraum­volumen

333 - 1.045 l

Reichweite

520 km (WLTP)

0-100 km/h

4,5 Sekunden

Spitze

180 km/h

Preis

53.490 Euro


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