Auf atemberaubenden Straßen kreuz und quer durch Südtirol – und rekuperieren in Bestform: Die Schenna E-Motion präsentiert sich als einzigartiges Gipfeltreffen für die Freunde der batteriegetriebenen Modelle.
Tiefenentspannt auf idyllischen Routen, entlang der üppig gewachsenen Natur und vorbei an Burgen, Schlössern sowie anderen historischen Bauwerken. Ja, das klingt fantastisch. Doch der Auftakt dieser Rundtour ist weit weniger romantisch. Es geht um das Einmaleins des Elektroautofahrens, profan wie
seriös. Strompedal, Bremse, links, rechts, im eng gesteckten Kurs, ausweichen auf glitschig nasser Fahrbahn oder im Slalom rückwärts durch die Gummihütchen.
Der Safety Park in Bozen ist der erste Stopp zur Premiere der Schenna
E-Motion, diesem neuen Gipfeltreffen für die Freunde der batteriegetriebenen Modelle. Auf atemberaubenden Straßen drei Tage lang kreuz und quer durch Südtirol, so lautet der bunt und munter gesteckte Streckenplan, dutzende Spitzkehren und die höchsten Passstraßen inklusive.
Hochgradig Elektrisiert - Sicherheitstraining in Bozen (oben) – auf dem Zwischenstopp in den Dolomiten sind mobile Ladestationen installiert worden.
„Wir haben intern ein großes Know-how, wenn es um Rundtouren mit Autos geht – durch die Schenna Classic, eine der erfolgreichsten Oldtimer-Ausfahrten im Alpenraum, die es bereits seit 37 Jahren gibt “, sagt Stefan Kaserbacher, CEO des veranstaltenden Tourismusbüros: „Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass wir einen Impuls brauchen, um die Elektromobilität voranzutreiben. Wir wollen die Leute überzeugen und nicht zwingen.“
Bunte Palette an E-Fahrzeugen
Zu Beginn gilt es im Bozener Zentrum für Verkehrssicherheit ordentlich zu trainieren. Auf diesem Testgelände ist es möglich, fast jede gefährliche Fahrsituation zu simulieren und zu bewältigen. Los geht es vergleichsweise einfach. Mit Strom in die Kurve, bis die Reifen quietschen, das Lenkrad fest in der Hand. Die sonst zumeist ruhig und gediegen dahingleitenden E-Autos kernig im Anschlag, das ist eine neue Pointe – und es ist erst der Anfang.
Mehr als 20 akkubetriebene Fahrzeuge sind zur ersten Auflage der Schenna E-Motion am Start. Vom Fiat 500 zum Skoda Enyaq, vom Toyota bZ4X zum Tesla Model S, der neue Kia EV9, ein Ioniq 6, Polestar, der sportliche Audi e-tron GT, diverse VW ID.3 und ID.4 sowie zwei Exemplare des ID. Buzz. Im Safety Park direkt am Ufer der Etsch werden alle Modelle von ihren Fahrern dem Härtetest unterzogen.
Intensiv wirkt es auf der regennassen Fahrbahn. Die Fahrzeuge reagieren plötzlich anders. Schwieriger erscheint es, das Gewicht der Stromer punktgenau zu kontrollieren, der Grip der Reifen wird bedeutender. Über Kopfhörer kommen die Ansagen der Instruktoren, klar und deutlich: „Traut euch! Voll auf die Bremse!“
In den Grenzbereich werden Fahrer wie Autos schließlich durch eine Traktionsplatte befördert. In der Praxis heißt das: mit 40 bis 50 Sachen über die Platte, die das Heck des Fahrzeugs hydraulisch und unvermittelt brutal zur Seite boxt. Natürlich schlägt des Hinterteil des Stromers aus. Der Fahrer muss blitzschnell reagieren, um das Auto unter Kontrolle zu halten – und es um eine riesige Wand aus Wasser zu steuern. Es sind extreme Manöver. Mancher schleudert wild, andere scheinen gefährlich nah am Kipppunkt. Die Gesichtsfarbe einiger Fahrer und speziell der Beifahrer changiert ins Fahle. Gut, dass wenig später auf der Haselburg, hoch über Bozen, der nächste Halt nur zum Erholen eingeplant ist.
Wiesen, Wälder, Weinstöcke
Die zweite Etappe geht über rund 180 Kilometer tief in den Vinschgau hinein. Im dichten Verkehr und bei strahlendem Sonnenschein auf der Staatsstraße zuerst, nach der Rast beim Obstgroßhändler werden die Asphaltpisten immer schmaler. Durch tiefgrüne Wälder, Wiesen und Weinstöcke, entlang der Bergmassive, hoch und höher. Was für ein Ausblick! Diese noch schneebedeckten Alpengipfel. Der massive Ortler. Doch unser Blick gilt vornehmlich den engen Straßen, mitunter steil abfallend, wenig befahren zwar, jedoch anspruchsvoll, Kurve für Kurve.
Interessanter Nebenaspekt: Selbst der erfahrene E-Autolenker nimmt wohlwollend zur Kenntnis, dass dieses Auf- und Abgleiten durch das Gebirge nachweislich das Stromern in Bestform ermöglicht. Kaum schneller als 70 Kilometer pro Stunde, ständiges Rekuperieren – da bleibt die Batterie in Form und die Reichweite stabil.
Pass für Pass
Mit mehr als 230 Kilometern ist die Königsetappe durch die Dolomiten beschrieben. Einzigartig vom Start in Schenna, über Meran und Bozen hinauf entlang der klassischen und traditionsreichen Routen. Grödenerjoch, Campolongo Pass, Pordoijoch, Karerpass, Nigerpass – das heißt Stromern auch jenseits der 2.000-Meter-Marke. Und: Kaffeepause im Schnee.
Es ist beeindruckend zu sehen, mit welchem Enthusiasmus und mit welcher Leidenschaft die Fahrer der Schenna E-Motion die Streckenpunkte abfahren, sich den munteren bis anspruchsvollen Sondereinheiten stellen und am Ende jeder Rundtour fachgetreu bilanzieren. Per Seilbahn werden sie zum großen Finale auf das Virgiljoch gebracht. Ihre Autos ziehen derweil Strom an der Ladestation.
Im Herzen von Südtirol
Die Gemeinde Schenna, Ausrichter der Schenna E-Motion (offiziell: schenna
e.motion – electric.experience.südtirol), ist eine italienische Gemeinde mit knapp 3.000 Einwohnern, die drei Kilometer nordöstlich von Meran und rund 25 Kilometer nordwestlich der Landeshauptstadt Bozen liegt. In der nach Süden ausgerichteten Hanglage seit jeher klimatisch günstig gelegen, hat sich Schenna in den vergangenen Jahrzehnten zu einem bei Gästen aus nah und fern beliebten Urlaubsort entwickelt. Den Kennern der Autoszene ist die rührige Kommune durch die Südtirol Schenna Classic Rallye schon lange ein Begriff. Bereits seit 1985 ist dies eine höchst attraktive Rundfahrt für Oldtimer, die Kultur und Kulinarik mit dem einzigartigen Fahrspaß samt Roadmap und Stoppuhr kombiniert. Die Schenna E-Motion ist folglich die logische Transformation dieser traditionellen Attribute in das Zeitalter der Elektromobilität. Im nächsten Jahr werden die Stromer von
26. bis 28. Mai durch Südtirol schnurren.
„Wir planen schon die nächste Auflage“
Herr Kaserbacher, wie bewerten Sie die Premiere der Schenna E-Motion, Ihrer neuen Rundfahrt für Elektrofahrzeuge?
Stefan Kaserbacher, CEO des Tourismusbüros Schenna: Wir sind sehr zufrieden. Auch weil wir ins kalte Wasser gesprungen sind und nicht richtig wussten, was uns erwartet. Wir wollten einen Impuls setzen, das ist uns gelungen. Natürlich haben wir aus dieser ersten Veranstaltung einiges gelernt, das werden wir nun in den Nachbesprechungen analysieren. Und wir arbeiten bereits an der nächsten Auflage der Schenna E-Motion.
Was haben Sie konkret gelernt, wo hat es noch gehakt?
Wir werden beim nächsten Mal sicher das Thema Genuss noch stärker einbauen. Es scheint klar, dass es – zumindest vorerst – keine große Veranstaltung für mehrere hundert Autos werden wird. Eher klein, fein und exklusiv. So können wir auch die Geheimtipps entlang der Route besser anfahren.
Gibt es Faktoren aus der erfolgreichen Oldtimer-Rallye Schenna Classic, die Sie eins zu eins auf die neue E-Rundfahrt übertragen können?
Wir können einiges verwenden, aber sicher nicht alles. Wir haben gelernt, dass bei der Classic das Auto noch mehr im Vordergrund steht. Wenn Sie mit einem geschichtsträchtigen Wagen, Baujahr 1909 oder 1910, unterwegs sind, ist das etwas anderes als in einem modernen Fahrzeug. Allein, was das Fahren und das Fahrerlebnis betrifft. Dagegen steht bei der E-Motion das gemeinsame Fahren, das gemeinsame Unterwegssein und Erleben mehr im Vordergrund als das Alleinfahren.
Was hat die Gemeindeoberen in Schenna dazu bewegt, das Segment Elektromobilität derart offensiv anzugehen?
Die E-Mobilität ist bei uns ein großes Thema. Und die E-Motion war die konkrete Idee, den nächsten Schritt zu gehen. Seit kurzem haben wir auch ein Bürgerauto, das batterieelektrisch betrieben wird. Es kann von unseren Bürgern und Gästen genauso wie von den Gemeindeangestellten genutzt werden. Über die E-Motion haben wir gezielt Druck aufgebaut, dass noch mehr Ladestationen aufgestellt werden. Einen Teil davon haben wir bereits errichtet, ein Teil kommt noch. Gleichzeitig haben wir den öffentlichen Nahverkehr animiert zu transformieren, damit auch hier vermehrt Elektrobusse zum Einsatz kommen. Das Thema E-Mobilität wird weiter an Bedeutung gewinnen, das hören wir auch aus den Betrieben in unserer Gemeinde.
Sie haben eingangs bereits erwähnt, dass Sie bereits an der Neuauflage der E-Motion arbeiten. Was konkret sind Ihre Pläne für 2025?
Wir habe es im Gemeindeausschuss besprochen, dort war man von der Veranstaltung begeistert. Genauso wie die Mitarbeiter, die das Konzept erarbeitet und umgesetzt haben. Wir planen schon die nächste Auflage. Es gibt also nichts, was uns davon abhalten könnte, die Schenna E-Motion auch im nächsten Jahr zu präsentieren. (lacht)
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