Erinnern Sie sich an die Zeiten, als das Laden von Elektroautos vor Supermärkten noch kostenlos war? Heute ist das an den meisten Ladesäulen Geschichte.

Die Preise an öffentlichen und halb-öffentlichen Ladepunkten sind in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen – mit spürbaren Konsequenzen für die Attraktivität der Elektromobilität. Was bleibt, ist oft Ernüchterung beim Blick auf die Rechnung.
Vorteil geht verloren
Aktuell liegt der Durchschnittspreis in Deutschland bei etwa 75 Cent pro Kilowattstunde (kWh) für Gleichstrom-Ladestationen und 67 Cent pro kWh für Wechselstrom. Laut einer Analyse des Charging Radar von Edison kostet eine 550 Kilometer lange Fahrt mit einem VW ID.3, dessen Batterie 77 kWh fasst, knapp 58 Euro. An manchen Schnellladestationen werden sogar bis zu 1,37 Euro pro kWh verlangt – Beträge, welche die Tankkosten eines Verbrenners derselben Kategorie übersteigen.
Zum Vergleich: Haushaltsstrom kostet durchschnittlich 37 Cent pro kWh. Damit halbieren sich die Stromkosten für eine Fahrt, wenn zuhause geladen wird. Mieter und Menschen ohne private Lademöglichkeit zahlen jedoch an öffentlichen Ladepunkten oft erheblich mehr. Das einstige Argument, dass Elektroautos durch günstigeren Strom langfristig ökonomischer seien, verliert so an Glaubwürdigkeit. Für viele Fahrer stellt sich die Frage, ob die höheren Kosten das ökologische Argument aufwiegen.
Es sei jedoch angemerkt, dass es sich hierbei um Durchschnittspreise gemäß der Analyse handelt. Niedrigere Preise sind durchaus möglich, wenn man sich mit den Angeboten auf dem Markt auseinandersetzt und die passende Ladetarife oder Mitgliedschaften nutzt. Dennoch ist dies nicht für jeden praktikabel, was den Zugang zur kostengünstigen Elektromobilität erschweren kann.
Zusätzliche Hürden
Die Preisgestaltung vieler Anbieter erschwert die Situation zusätzlich. Insbesondere Roaming-Gebühren und Aufschläge für das Laden bei Drittanbietern treiben die Kosten in die Höhe. Günstigere Tarife werden häufig nur Kunden mit Grundgebühren angeboten, während flexible Nutzer oft den Höchstpreis zahlen müssen. In der Folge gehen wichtige Kostenvorteile für Elektroautobesitzer verloren – ein Problem, das die Attraktivität von Elektroautos weiter schmälert.
Ausbau der Ladeinfrastruktur
Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch Lichtblicke. Die Zahl der öffentlichen Ladepunkte in Deutschland ist laut Charging Radar im Jahr 2024 um fast 36 Prozent auf 154.500 gestiegen. Über 35.000 davon sind Schnellladepunkte mit einer Leistung von mindestens 50 Kilowatt. Besonders in Städten und an Verkehrsknotenpunkten zeigt sich ein klarer Trend zu leistungsstarken Gleichstromladestationen. Diese Entwicklung erhöht die Alltagstauglichkeit für Fahrer, die zuhause oder am Arbeitsplatz keine Lademöglichkeit haben.
Doch trotz der Fortschritte bleibt der Ausbau ungleich verteilt. Vor allem an Autobahnraststätten und in ländlichen Gebieten sieht der ADAC noch erheblichen Nachholbedarf. Die Verfügbarkeit schneller Ladepunkte ist für den Hochlauf der Elektromobilität entscheidend – ebenso wie eine faire Preisgestaltung.
Preistransparenz als Schlüssel
Die derzeitige Preispolitik bei öffentlichen Ladepunkten könnte die Akzeptanz der Elektromobilität nachhaltig bremsen. Um das Ziel einer breiten Marktdurchdringung zu erreichen, braucht es mehr Preistransparenz und Maßnahmen wie eine staatliche Regulierung oder Subventionen für öffentlichen Ladestrom. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Elektromobilität nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Sinn ergibt.
Denn ein Elektroauto, das keine wirtschaftlichen Vorteile bietet, wird in der breiten Masse kaum Akzeptanz finden. Der ökologische Nutzen allein reicht für viele Autofahrer nicht aus – besonders dann, wenn die Betriebskosten die von Verbrennern übersteigen. Damit Elektromobilität eine echte Alternative wird, muss das Laden für alle fair und bezahlbar bleiben.
Sebastian Henßler veröffentlicht als Autor und Herausgeber auf Elektroauto-News.net tagesaktuell Beiträge rund um die Elektromobilität. Im Fokus stehen batterieelektrischen Pkw und andere alternative Varianten des Antriebs.