Interview mit TEAG Mobil: Wie Thüringen beim Schnellladen Tempo macht
- Armin Grasmuck
- vor 14 Stunden
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Die Geschäftsführer Denis Schuldig und Benjamin Constantin erläutern das ambitionierte wie nachhaltige Konzept der TEAG Mobil – öffentliche Ladeinfrastruktur in Thüringen und den angrenzenden Bundesländern.

Sie haben in Schleiz an der Autobahn A9 einen modernen Schnellladepark eröffnet. Wie ist die erste Resonanz?
Denis Schuldig: Super, das spüren wir schon. Wir sind ein digitalisiertes Unternehmen, können also jeden Ladepunkt genau beobachten. Sind sie aktiv, vielleicht defekt? Wie ist das Ladeverhalten? Wird diese Station akzeptiert? Direkt an der Autobahn, da ist natürlich jeder über zusätzliche Ladepunkte dankbar. Speziell, wenn sie wie in Schleiz angenehm und komfortabel arrangiert sind. Es gibt ein Dach, das im Sommer Schatten spendet und generell vor Regen schützt. Dazu gibt es Systemgastronomen um die Ecke und direkt nebenan noch freie Grundstücke, die Interessenten anziehen. Der Start ist also gelungen – und der Ausblick ist positiv.
Benjamin Constantin: Der Ladepark in Schleiz ist im Mai auf Anhieb in den Top Ten unserer absatzstärksten Standorte platziert. Das finden wir extrem spannend.

Die meisten Ladestromanbieter in Deutschland bemängeln die Schwierigkeiten, mit denen sie sich bei der Umsetzung solcher Projekte zu plagen haben. Stichwort Lage. Behörden. Netzanschluss. Wie herausfordern war es für Sie in Schleiz?
Constantin: Es ist immer eine Herausforderung. Gerade für einen Ladepark, an dem mehrere Ladepunkte entstehen sollen, möchte man sich zukunftsfähig, also skalierungsfähig halten. Das heißt, wir steigen bei unseren Anfragen hoch ein. In diesem Fall konnten wir mit unserer Schwester Thüringer Energienetze GmbH und Co. KG, die dort Netzbetreiber ist, eine gute Lösung finden – wenngleich auch hier ein Kompromiss gefunden werden musste. Das ist an vielen Stellen so. Wir haben aber, etwa über das Lastmanagement, trotzdem die Möglichkeit, diese Stationen performant dastehen zu lassen. Wir schauen natürlich, dass uns jeder Standort irgendwann Freude macht, also in die Gewinnzone bringt.

Es gibt zahlreiche Fälle, in denen der Ladepark seit Monaten fertiggestellt ist, jedoch kein Strom fließt. Sind Sie als Tochter der Thüringer Energie AG diesbezüglich im Vorteil?
Constantin: Nein, das sind zwei unterschiedliche Gesellschaften. Wir müssen genauso unsere Netzanträge einreichen. Natürlich haben wir den Vorteil, dass wir den einen oder anderen Kollegen im Haus kennen, den wir direkt ansprechen können. Die Genehmigungsverfahren auf der Behörden- und auf der Netzseite sind für uns trotzdem genau die gleichen. Wir suchen nach Standorten in den urbanen Räumen, nehmen wir das Beispiel Erfurt: Das sind die Stadtwerke der Netzbetreiber und wir ein Bewerber wie jeder andere. Wir haben die gleichen Hürden zu überwinden. Es ist weniger das Netz, das uns Kopfzerbrechen bereitet, häufiger plagen uns behördliche Themen.

Das Laden gilt als relevanter Faktor der Verkehrswende. Was bietet TEAG Mobil, um den Ladevorgang einfacher, komfortabler und transparenter zu machen?
Constantin: Unsere Devise lautet: schnell und einfach. Wir setzen, wie auch Mitbewerber am Markt, die inzwischen fünfte Generation an Schnellladetechnik ein. Die Leistungen steigen rasant an, der nächste Schritt wird zum 600- und 1000-kW-Lader führen – das Megawatt Charging System, kurz MCS, speziell für die E-Lkw konzipiert. Im Moment sind wir bei 400 Kilowatt Ladeleistung im Peak. Viele Fahrzeuge kommen inzwischen über die 200 kW, zuletzt hat der Smart #5 bewiesen, dass er mit 400 kW laden kann. Das bieten wir an, die Performance ist da. Unsere Ladepunkte sind zudem allesamt vernetzt, unsere Kunden können über die Ladekarte, die App und natürlich auch ad hoc, also per EC- oder Kreditkarte, den Ladevorgang starten.
Schuldig: Wir haben einen klaren Fokus. Neben den Standorten an der Autobahn für die durchreisende Dienstwagenfahrer oder Urlauber schauen wir gezielt auch in die Städte. Dort liegt Elektromobilität voll im Trend. An den Punkten, die wir im Alltag gerne ansteuern, etwa der Supermarkt, werden Sie uns finden. Idealerweise möchten wir auch vor den Küchenfenstern aktiv werden, also in den großen Wohnquartieren – hin zum
Bürger. Mit einfacher Tarifstruktur: Bei uns kostet der Strom, egal ob am schnellen DC-Lader oder AC, 49 Cent. Ohne wilde Tarifvarianten mit Abo oder Grundpreis. Einfach 49 Cent. Punkt.

Was unterscheidet den Ladepark in Schleiz, der bewusst unter ökologischen Aspekten geplant wurde, von anderen?
Schuldig: Als wir ankamen, war dort eine schöne, wilde Wiese – mit vielen Insekten und allem, was dazugehört. Wir haben gebaut, die Fläche entsprechend versiegelt – und wollten dann unbedingt etwas zurückgeben. Also haben wir uns für das Gründach entschieden. Wir hätten auch ein Solardach bauen können, das effektiv im besten Fall jedoch nur 1,5 bis zwei Prozent des Strombedarfs an einer Ladestation wie dieser gedeckt hätte. Auch um den Park herum sind Bäume und Sträucher angepflanzt. Es wird eines Tages eine kleine, grüne Oase werden, das war uns wichtig. Dazu der Holzbau, es soll einfach natürlich wirken.
Planen Sie weitere Schnellladeparks dieser Kategorie?
Schuldig: Wir beschäftigen uns gerade konkret mit vier weiteren Standorten. Ob jedes Mal ein Dach dabei sein wird, das müssen wir sehen. Es hängt auch von den Genehmigungsverfahren ab.
Constantin: Es lässt sich heute auch gut so vorbereiten, dass das Dach später nachgerüstet werden kann. Auch was die Lkw betrifft: Die Hersteller wünschen sich neue Ladepunkte, und wir prüfen, was sich schnell und effizient umsetzen lässt.
Welche Projekte schieben Sie an den benachbarten Bundesländern an?
Constantin: Viele! Wir sind speziell in Hessen stark vertreten – auch an der A5 für Pkw auf der Durchreise.
Schuldig: Und wir sprechen mit Edeka in Hessen und Thüringen über 150 Schnellladepunkte vor den Supermärkten. Das möchten wir möglichst schnell umsetzen und bei Bedarf entsprechend ausbauen.

Technik und Innovation
TEAG Mobil bietet eine breite Palette an Leistungen und Angeboten rund um das Laden von Elektroautos. Geschäftsreisende und Privatkunden bekommen Zugang zu einem der größten Schnellladenetze in Thüringen sowie Ladepunkten in sechs weiteren Bundesländern – Bayern, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen - Anhalt – zum Einheitstarif von 49 Cent pro Kilowattstunde. Über die App des Anbieters können Standorte gesucht, Ladevorgänge gestartet und gestoppt sowie die Kosten überblickt und die Rechnungen verwaltet werden. Das Erfurter Unternehmen bietet auch Ladeboxen für den Heimgebrauch: verschiedene Modelle – vom günstigen Einsteigermodell bis zu der über App steuerbaren Wallbox, auch mit Lastmanagement oder Ladevorgänge via Photovoltaik. Auch individuelle Lösungen für Mehrfamilienhäuser, die den Mietern mit eigenem Stellplatz komfortable Ladevorgänge ermöglichen sollen, offeriert TEAG Mobil. Dazu kommen die Bereiche Firmenflotten und Kundenparkplätze sowie die professionelle Vermarktung von Ladekarten. Der Umsatz des Mutterunternehmens TEAG Thüringer Energie AG lag im Geschäftsjahr 2024 bei 3,1 Milliarden Euro – der Anteil des Stromumsatzes betrug 2,37 Milliarden Euro.
// Foto: Carlo Bansini/TEAG Mobil //