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Kolumne Kurt Sigl: Wo Fortschritt an der roten Ampel steht

  • Autorenbild: Kurt Sigl
    Kurt Sigl
  • 7. Aug.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Aug.


Deutschland, das Land der Dichter, Denker und Verkehrsminister, die das Auto lieben, wie andere Menschen ihr Haustier. Jedes Jahrzehnt verspricht eine Verkehrswende und mit jeder Dekade endet diese Vision auf der Umgehungsstraße der Realität.


Stichwort Planungshorizont: bis zur nächsten Legislaturperiode. Die deutsche Verkehrswende, welchen Namen auch immer sie trägt, gleicht einem ambitionierten GPS-Gerät mit der Software aus dem Jahr 2003. Sie weiß, wohin sie will, kennt jedoch keine Route dorthin. Statt neue Schienen zu bauen, gibt es Pilotprojekte mit Hyperloops auf Power-Point-Folien und „Innovationszentren für Mobilitätskultur“, die sich nach außen modern geben, intern jedoch noch mit Faxgeräten kommunizieren.


Autoland bleibt Autoland, jetzt halt mit grünem Anstrich. Die Zukunft fährt elektrisch, heißt es in Berlin. Speziell wenn man sich in Talkshows gegen Tempolimits ausspricht, gleichzeitig aber Autobahnen ausbaut und bei der Ladeinfrastruktur bürokratische Hürden aufbaut. Elektromobilität wird gefördert, solange sie bei VW vom Band rollt und nicht allzu viele Fahrradfahrer im Weg stehen.


Stichwort Förderprogramme: Wer eine Radwegförderung beantragt, bekommt einen Förderbescheid – drei Jahre später mit Auflagen von mindestens 18 Seiten und dem Hinweis, dass das Projekt im regionalen Gesamtkontext nochmals geprüft werden müsse. Derweil hat sich die Kommune/Gemeinde/Stadt längst für einen Park-and Ride-Parkplatz entschieden, selbstverständlich mit einer Ladesäule, die nur selten oder gar nicht funktioniert.


Stichwort Tempolimit: nur über unsere geliebte Überholspur. Die Debatte ums Tempolimit ist ein Paradebeispiel. 140 Länder haben es. Doch in Deutschland wird diskutiert, ob wahre Freiheit nicht doch bei 250 km/h auf der linken Spur beginnt. Die Lösung? Man stelle ein Schild auf: „Bitte verantwortungsvoll rasen.“

Die deutsche Verkehrspolitik ist wie ein hochmotorisierter SUV mit Tempomat auf dem Standstreifen: viel Kraft, viel Anspruch – wenig Bewegung. Während andere Länder längst den E-Bus betreiben, steht Deutschland noch an der Tankstelle und diskutiert über den Treibstoff. Doch keine Sorge, in der Mobilitätsstrategie 2045 ist alles geregelt.


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Hier schreibt Kurt Sigl: Er streitet, poltert und insistiert. Er treibt und verbindet, erklärt und stört. Kurt Sigl ist Experte der Elektromobilität und schickt für jede Ausgabe von electricar eine E-Mail aus Ingolstadt, in der er aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Themen seiner Branche analysiert und kommentiert. Als Mitbegründer und langjähriger Präsident des Bundesverbandes

eMobilität gilt Sigl als Leitfigur auf den Gebieten der Elektromobilität und der erneuerbaren Energie. Der kernige Oberbayer, einst im Dienst von Audi, punktet mit seiner über Jahrzehnte ausgeprägten Expertise und der Gabe, Menschen zusammen zu bringen. Mit Nachdruck arbeitet er daran, traditionelle Strukturen und Denkmuster zu hinterfragen, um Raum für neue und zukunftsfähige Modelle zu schaffen.

 
 
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