Schenna E-Motion: E-Gipfel mit Pointe
- Armin Grasmuck

- 14. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Pittoreske Schleichwege, anspruchsvolle Alpenpässe und knifflige Sondereinheiten: Die Schenna E-Motion kombiniert batteriegetriebenen Fahrspaß mit höchst genussvollen Sequenzen.

Damit hat wirklich keiner gerechnet. Der erste Zwischenhalt der Schenna E-Motion liegt direkt in einem Tiergehege. Und vor den überraschten Autofahrern steht plötzlich, groß und zottelig: ein Büffel. Fun-Prüfung, so heißt es im Fachjargon. Gefragt ist das Gewicht dieses kräftigen Viehs. Jeder gibt seinen Tipp ab, kurz durchschnaufen, der Blick schweift in die noch vom Schnee bedeckten Alpengipfel ab – und weiter geht‘s.
Schenna E-Motion. Mehr als 20 batteriegetriebene Fahrzeuge sind bei der zweiten Auflage dieser einzigartigen Rundtour am Start. Es ist eine breite Palette an Stromern. Etablierte Modelle wie der VW ID.3, das Model S von Tesla und der Ford Mustang Mach-E sowie die E-Autos von neuer Klasse, etwa der Xpeng G9, der Cadillac Lyriq, das Cabrio MG Cyberster und die aufgewertete Variante des Skoda Enyaq. Die erste Etappe führt von der Tierwelt Rainguthof weiter den Gampenpass hinauf und wieder hinunter, Fondo, Mallosco, der Mendelpass. Leise schnurrend auf mitunter engen und verstaubten Wegen durch die Weinberge und abgelegene Dörfer. Im gemütlichen Tempo oder mit Schwung in den Spitzkehren – und stets im liebreizenden Ambiente der Südtiroler Bergwelt.

Elektrisierende Impressionen
Auf den kurzen bis gemütlich ausgedehnten Sondereinheiten geht es um Geschicklichkeit – das E-Auto möglichst präzise zum Stillstand zu bringen – und kulinarische wie kulturelle Exkurse. Im außergewöhnlichen Weinkeller etwa, hoch über Kaltern, und beim vorzüglichen Diner in Salurn. „Der südlichste Ort von Südtirol“, sagt Manfred Preiss, als Teamchef der E-Motion verantwortlich für die Routen sowie die Strecken- und Zeitprüfungen, mit einem Zwinkern: „Danach beginnt Italien.“ Über die Schnellstraße geht es zurück nach Schenna. Tag eins: Das sind gut 150 Kilometer – und noch mehr elektrisierende Impression.

Kaum zu glauben: Am zweiten Tag sorgen Schneefall und akute Lawinengefahr dafür, dass die Organisatoren den Kurs korrigieren müssen. Das Stilfserjoch, mit 2758 Metern die höchste Straße Italiens, ist gesperrt worden. So führt die neue Route durch das Passeiertal den adäquat spektakulären Jaufenpass hinauf. Kurve um Kurve auf gut 2000 Meter, unter dunklen Wolken, bei leichtem Regen und mancher Nebelschwade. Sanft surren die E-Motoren, was angesichts der steilen Abhänge hinter schmalen Leitplanken und der immer enger werdenden Passstraße nur wenig auflockernd wirkt. Präzision ist gefragt, speziell wenn auf der Gegenfahrbahn plötzlich der breite und kantige Linienbus hinter der Spitzkehre auftaucht. Ein kurzer Stopp auf der Passhöhe, frische Luft getankt – dann rollen die Stromer talwärts.
Es ist beeindruckend nachzuvollziehen, mit welcher Kraft die Elektroautos bei starkem Gefälle rekuperieren. Kilowattstunde um Kilowattstunde füllt sich die Batterie mit frischer Energie, die Reichweite steigt gleichzeitig Kilometer um Kilometer. Keine Frage, die Kaffeepause im schicken Bistro nahe Sterzing haben sich die Freunde der E-Motion nachhaltig verdient.

E-Mobilität in diversen Facetten
Auch weil die nächste Etappe direkt auf das Penserjoch führt, entspannter anzusteuern zwar, jedoch 200 Meter höher als der Jaufen – und zumindest links und rechts der Asphaltpiste schneebedeckt. Da wird es frisch unter dem feinen Poloshirt mit dem Logo der E-Motion. Auf der Talfahrt gen Bozen reißt der Himmel auf. Wohltuend wirken die Strahlen der Sonne. Schließlich wird auf dem Hauptplatz in Schenna die E-Mobilität in diversen Facetten diskutiert. Innovativ im Zeitgeist: Ein Bauer präsentiert – neben Schinken und Käse aus eigener Produktion – den Mähdrescher, den er auf Basis ausrangierter VW-ID-Akkus zur Marktreife bringt. Gut 200 Kilometer, höchst abwechslungsreich durch sämtliche Wetter-, Höhen- und Kurvenlagen, werden am Abend in den Kursbüchern festgehalten.

Stromern in Bestform, so kann die finale, gut 130 Kilometer lange Ausfahrt umrissen werden. Auf Schleichwegen geht es hoch aus Schenna hinaus, vorbei an Streuobstwiesen, gepflegten Weingärten und friedlich grasenden Kühen auf saftig grünen Wiesen. Der ultimative Fahrtest, rückwärts im Slalom durch Pylonen – boah. Gut, dass es die Rückfahrkamera gibt...
Ein letzter Blick in die Dolomiten, runter den Ritten und zurück nach Schenna. Das große Finale steigt im Herzen der rührigen 3000-Einwohner-Gemeinde nahe Meran. „Wir wollen die Elektromobilität vorantreiben“, sagt Stefan Kaserbacher, der Chef des Tourismusvereins. „Selbstverständlich werden wir die Schenna E-Motion auch im nächsten Jahr fahren.“ Alles klar. Ach ja, der Büffel vom Anfang: satte 480 Kilo!


