Partner mit Power: Ladestationen in Einzelhandel und Gastronomie
- Wolfgang Plank
- vor 8 Stunden
- 5 Min. Lesezeit
Frische Energie ziehen und dabei etwas erledigen: Die Anbieter von Ladestrom kooperieren gezielt mit Unternehmen aus Einzelhandel und Gastronomie, um das Ladeerlebnis attraktiver und nachhaltiger zu gestalten.

Die vielleicht banalste und am Ende doch entscheidende Erkenntnis der Elektromobilität lautet: Fahren macht Laune, Laden eher weniger. Und so können Nachhaltigkeit und gutes Gewissen oft nicht ausgleichen, was sich an Unsicherheit und Ärger aufstaut. Das Ladenetz wird zwar dichter, ist jedoch – gerade auf dem Land – immer noch überaus grob geknüpft. Obendrein sind die Säulen mitunter besetzt, nicht selten kaputt, und drumherum sieht es höchst selten einladend aus. Ist die Batterie am Ende, ist es der Spaß meistens auch. Man muss schon mit der Gelassenheit eines Zen-Mönches unterwegs sein, um als Vielfahrer eines Akkuautos nicht gelegentlich die Contenance zu verlieren. Es entscheidet eben nicht so sehr die Technik des Autos über die Akzeptanz, sondern die Ladeinfrastruktur.
Nach wie vor klaffen Angebot und Nachfrage weit auseinander. Zum 1. Dezember 2024 verzeichnete die Bundesnetzagentur 154.037 öffentlich zugängliche Ladepunkte, davon 120.618 mit Wechselstrom und 33.419 DC-Schnelllader. Immerhin nimmt die Zahl derzeit schneller zu als der Bestand an E-Autos. Dennoch müssen sich im EU-Durchschnitt aktuell 12,3 Stromer einen Stecker teilen, in Deutschland sind es mit 22,5 fast doppelt so viele.

Masterplan von 2019
Doch wer soll neue Säulen bauen – und vor allem wo? Das „Wer“ hat die Politik definiert. Für den Hochlauf der Elektromobilität ist es „notwendig, dass die Bundesregierung einen zunächst überproportionalen (…) Aufbau von Ladeinfrastruktur ermöglicht“, heißt es im Masterplan Ladeinfrastruktur aus dem Jahr 2019. Langfristig müsse dies jedoch „eine Aufgabe der Wirtschaft“ sein. In der Fortschreibung vom Oktober 2022, inzwischen hat die Regierung gewechselt, wird bereits die Phase eines „breiten und dynamischen Markthochlaufs“ festgestellt. Staatliche Aktivitäten hätten dabei so zu erfolgen, dass „sie Investitionsanreize privater Unternehmen unterstützen und die dadurch entstehende Ladeinfrastruktur möglichst schnell privatwirtschaftlich im Wettbewerb betrieben wird“.
Bevorzugt in Ballungsräumen
Beim „Wo“ zeigen Umfragen, dass sich mehr als 90 Prozent der E-Autofahrer vor allem normale innerstädtische Ladesäulen wünschen. Es könnte daran liegen, dass die meisten zu Hause oder auf dem Parkplatz ihres Arbeitgebers laden. Die Fahrt über die Langstrecke ist nicht ihr vorrangiges Interesse. Die staatliche KfW-Förderbank kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Ladeparks müssten vor allem in Ballungsgebieten gefördert werden, so die Studie. Als Hauptargument wird genannt: Wo viele Menschen wohnen, werden im Schnitt mehr Elektroautos gekauft und Ladestationen entsprechend häufiger genutzt.
Immerhin scheint die Idee mit den Investitionen privater Unternehmen kontinuierlich Fahrt aufzunehmen. Vor allem Schnellrestaurants, Discounter, Möbelhäuser und Baumärkte locken zunehmend mit der Möglichkeit, während des Essens oder Einkaufs nachhaltig Strom für das E-Mobil zu zapfen. Das große Plus dabei: Die Ladezeit lässt sich – anders als an der Autobahn – gezielt und euphorisiert zum Shoppen, Stöbern oder Schlemmen nutzen.
Unter Umständen sogar mit finanziellem Kollateralnutzen. Bei einigen Supermärkten liegen die Preise an der Ladetheke noch unter denen der heimischen Steckdose. Aldi Süd etwa bietet an den rund 1500 Ladepunkten seiner mehr als 650 Filialen Wechselstrom mit 22 Kilowatt (kW) für 29 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Bei Gleichstrom mit 50 kW Ladeleistung werden 44 Cent je kWh fällig, an den superschnellen Powerchargern mit 150 kW und mehr 47 Cent. Bezahlt werden kann hier einfach und komfortabel per Kreditkarte, EC-Karte, Google oder Apple Pay, V-Pay und Maestro. Normalerweise haben die Säulen von 6 bis 22 Uhr geöffnet – an einigen Standorten sogar rund um die Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen.
Discounter im Wettbewerb
Identische Preise ruft die konkurrierende Schwarz-Gruppe an ihren Lidl- und Kaufland-Märkten auf. Lidl bietet aktuell 5445 Säulen mit 11.722 Ladepunkten, für Kaufland sind 1326 Standorte mit 3530 Ladepunkten gemeldet. Aldi Nord bereitet derzeit ebenfalls ein Netz vor. Offen ist bei diesen Discountern allerdings der offizielle Start. Die bislang knapp 30 Ladepunkte laufen aktuell nur im Testbetrieb.
Der Handelskonzern Rewe installiert nach eigenen Angaben Ladestationen an bestehenden Supermärkten, stattet jedoch umgekehrt auch Ladeparks mit Minimärkten aus. Bis 2026 sollen an Penny- und Rewe-Märkten rund 6000 Ladepunkte entstehen. Dafür seien Vereinbarungen mit EnBW, Shell, Aral und Total geschlossen worden. Geladen wird hier allerdings nach den in aller Regel teureren Tarifen der jeweiligen Stromanbieter.
Die Globus-Kette setzt ebenfalls auf EnBW. Rund 60 Supermärkte stattet der Versorger nach eigenen Angaben mit Schnellladesäulen aus. Die Leistung pro Stecker beträgt bis zu 400 kW. Auf Sicht sind mehr als 5000 Ladepunkte an den Globus-Märkten geplant.

Strom ziehen und dinieren
Mit „Essen, Trinken, Laden“ wird an mittlerweile gut 600 Filialen von McDonald’s deutschlandweit geworben. Dort hat der Mobilitätsdienstleister EWE Go die Schnellladestationen zu 52 Cent die kWh im Angebot. Die Kette Burger King hält mit Säulen der Ladestromanbieter Aral Pulse und Ionity dagegen. Letzterer installiert im Rahmen einer jüngst verkündeten Partnerschaft bis Mitte des Jahres High-Power-Charger an insgesamt 15 L‘Osteria-Standorten in Deutschland und Österreich.
Auch immer mehr Baumärkte und Möbelhäuser setzen ihre Parkplätze unter Strom. Bauhaus etwa betreibt Ladesäulen im Netz von EnBW. Mittlerweile sind mehr als 450 Schnellladepunkte an 85 Standorten in Betrieb. Hagebau hat mit dem identischen Versorger rund 100 Standorte ausgerüstet. Jede Station bestehe aus zwei Ladesäulen mit je zwei HPC-Ladepunkten, heißt es. Hellweg und Toom setzen ebenfalls auf EnBW, Deutschlands größten öffentlichen Ladenetzbetreiber.

Akku voll am Einrichtungshaus
Da will Möbelgigant Ikea selbstverständlich nicht hintanstehen. Bis 2028 sollen an den 54 Standorten in Deutschland im Schnitt 20 Ladepunkte entstehen. Die Schweden locken ihre Kundschaft mit bis zu 400 kW starken Schnellladern, an denen je nach Leistung zwischen 57 und 69 Cent je kWh fällig werden, am AC-Stecker zapft sich’s für 49 Cent. Verknüpft wird das Ganze mit einem weiteren Angebot. Wer die Ikea-Kundenkarte „Family Card“ hat und obendrein die App des Ladepark-Spezialisten Mer auf dem Smartphone nutzt, lädt jeweils satte 20 Prozent günstiger. Allerdings gilt für diesen Rabatt eine Begrenzung auf 1000 kWh im Jahr.
Im selben Rahmen bewegt sich auch die Nummer zwei der Möbelhäuser. Rund um die XXXLutz-Häuser sollen in Kooperation mit den Pfalzwerken ebenfalls bis 2028 rund 500 Ladepunkte mit bis zu 400 kW Leistung entstehen.
Doch damit ist die Liste noch lange nicht am Ende: Decathlon, der Discounter für Sportartikel baut ein eigenes Ladenetz für etwa 50 seiner Filialen auf, der Energiekonzern Eon stattet gerade die Elektronikfachhäuser Mediamarkt und Saturn mit Schnellladern aus. Geplant sind aktuell 300 Ladepunkte an 80 Standorten. Und damit nicht genug. Der Essener Versorger will zudem stolze 7000 Ladepunkte an Ministerien, Bundesanstalten und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland installieren.

Knackpunkt Stromtarif
Und doch bietet die reine Anzahl der Stromsäulen nur einen Aspekt. In Umfragen stößt sich die Mehrheit der Nutzer auch gewaltig an dem derzeitigen Wirrwarr um die Ladetarife. Die einen Anbieter rechnen nach Standzeit ab, die anderen nach Strom, die dritten je Ladevorgang. Bei den einen kommt eine Grundgebühr dazu, dafür ist bei anderen die Kilowattstunde teurer – und im Zweifel hat man ohnehin die falsche Karte dabei. Das heißt in der Praxis: eine Säule, zahlreiche Tarife. Wer da eine einheitliche und praktikable Lösung schafft, dem dürfte die Heiligsprechung sicher sein.
Die Grundidee, das Laden der E-Fahrzeuge dorthin zu verlagern, wo es sich sinnvoll mit anderen Aktivitäten kombinieren lässt, entspricht prinzipiell dem aktuellen Trend, dem die Nutzer der Mobilität allzu gerne folgen. Strom ziehen und dabei eine Mahlzeit einnehmen oder den Einkauf im Supermarkt und im Möbelhaus zu erledigen, das klingt angenehm, einfach und komfortabel. Speziell, wenn die Kilowattstunde zu einem attraktiven Tarif in die Autobatterie fließt.
Smart konzipierte Shops im Ladepark
So wird das Stromziehen zum effizienten Aufenthalt. Moderne Ladeparks für Elektrofahrzeuge – etwa von EnBW in Lichtenau bei Chemnitz oder Aral Pulse im Mönchengladbacher Nordpark – bieten kleine Einkaufsläden direkt neben den Stromsäulen. Während die Energie in die Autobatterie fließt, können hier Getränke und frische Snacks gekauft und verzehrt werden. Es gibt keine Verkäufer aus Fleisch und Blut, alles funktioniert voll automatisiert über die Kreditkarte.

Die Smartshops bieten mitunter auch Tische und Bänke zum Speisen und Verweilen, manche im Charakter einer Lounge. Sogar funktionale Arbeitsplätze für Laptops und Smartphones sind mitunter integriert.