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"Wir setzen auf Nachhaltigkeit" - Logistikexperte Johannes Alexander Hödlmayer im Interview

  • Autorenbild: Armin Grasmuck
    Armin Grasmuck
  • 30. Okt.
  • 5 Min. Lesezeit

Johannes Alexander Hödlmayr erklärt, wie strategisch und konsequent sein gleichnamiges, auf Fahrzeuglogistik spezialisiertes Unternehmen transformiert – und warum er den ersten rein elektrischen Autotransporter in seiner Flotte integriert hat.


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Sie haben seit Anfang des Jahres einen batteriegetriebenen Lastzug von Daimler Truck für den Transport von Autos im Einsatz. Wann und wie ist die Idee, gezielt auf einen E-Lkw zu setzen, gereift?


Johannes Alexander Hödlmayr: Wir haben bereits 2021 in unserem Unternehmen begonnen, die Nachhaltigkeitsstrategie zu konkretisieren. Da gibt es mehrere Maßnahmen, die wir uns mittel- und langfristig vorgenommen haben. Der E-Transporter ist ein Teil davon. Bis 2030 möchten wir einen gewissen Anteil unserer Flotte mit erneuerbaren Energien betreiben – Strom ist eine davon. Vorab mussten wir natürlich prüfen: Wo haben wir konkrete Anwendungsfälle? Und wo macht es Sinn, elektrisch zu fahren? Im diesem Fall haben wir einen Compound, also einen unserer Standorte, nur zweieinhalb Kilometer von Magna in Graz entfernt. Wir sind dort für die Werksevakuierung zuständig, da kann man den Elektro-Lkw gut einsetzen – auch weil es aufgrund der geringen Reichweite am meisten Sinn macht. Es ist ein Shuttle-Verkehr zwischen Compound und Werk in zwei Schichten. Und es funktioniert sehr gut.


Sind batteriegetriebene Schwerfahrzeuge leistungsstark und ausdauernd genug für Spezialeinsätze wie den Autotransport?


Wir haben ein nationales und internationales Geschäft. Aus heutiger Sicht haben wir deshalb nur ein bedingtes Einsatzgebiet für diese Technologie. Wir haben mit dem Fahrzeug, das wir einsetzen, eine Reichweite von 300 Kilometern. Das heißt, für diesen speziellen Fall macht es Sinn. Für den grundsätzlichen Anspruch, dass wir flexibel agieren und den Lkw egal wo einsetzen können, ist es heute noch zu schwierig. Wenn wir die Leistungsstärke grundsätzlich betrachten: Ja, es ist schon etwas da. Es ist jedoch noch nicht so weit, dass wir es in jedem Fall vollumfänglich einsetzen können. Für die internationale Langstrecke benötigen wir eine gewisse Reichweite, die entsprechende Ladeinfrastruktur und auch das Gewicht des Fahrzeugs ist noch herausfordernd. Doch wir sehen, wie schnell die Entwicklung in dem Segment voranschreitet. Es geht in die richtige Richtung.


Rein elektrisch auf der Kurzstrecke -  Der E-Lkw von Daimler Truck ist zwischen dem Magna-Steyr Werk und dem Hödlmayr Standort in Graz im Einsatz.
Rein elektrisch auf der Kurzstrecke - Der E-Lkw von Daimler Truck ist zwischen dem Magna-Steyr Werk und dem Hödlmayr Standort in Graz im Einsatz.

Wie schnell haben Sie das E-Modell gefunden, das Ihren Bedürfnissen entspricht?


Wir haben es einem Evaluierungsprozess unterzogen, der ein gutes Jahr dauerte. In diesem Fall ist bei uns Einkauf und Corporate Responsibility in einer Hand. Wir sind mit mehreren Herstellern in den Dialog gegangen, haben uns deren Konzepte angeschaut. Wir wollten eben die Themen Reichweite und Laden geklärt wissen. Klar ist auch: Gäbe es die Förderungen nicht, die es heute zum Glück noch gibt, wäre die Sache für uns deutlich schwieriger gewesen – weil die Komponente Kosten noch sehr ausgeprägt ist.


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Reichweite, die gebotene Flexibilität – sind dies die Kernelemente, die dem batteriegetriebenen Transporter im Vergleich mit den Verbrennermodellen noch fehlen?


Die Reichweite ist das Hauptthema, die Flexibilität dahinter das zweite. Also keineswegs nur der Einsatz des Lkw, wo man ihn gerade braucht. Es geht auch die Ladeinfrastruktur, die im besten Fall möglichst kurze Ladezeiten garantiert. Ideal wäre es, wenn der Fahrer unterwegs möglichst einfach laden und auch noch problemlos seinen Rastplatz am Abend erreichen könnte, ohne dass auf der Strecke irgendein Engpass entsteht.


Wo und wie schnell können Sie den neuen E-Transporter laden?


Am Standort in Graz haben wir eine Schnellladestation mit der Leistung von bis zu 150 Kilowatt. Das klingt nach wenig. Doch für unseren Schichtbetrieb passt es perfekt. Wir laden zwischen den Schichten immer eine Stunde lang – und dann noch einmal länger in der Nacht.


Autos, so weit das Auge reicht -  Auf dem Areal des Unternehmenssitzes von Hödlmayr in Schwertberg stehen hunderte von Pkw zum Abtransport bereit.
Autos, so weit das Auge reicht - Auf dem Areal des Unternehmenssitzes von Hödlmayr in Schwertberg stehen hunderte von Pkw zum Abtransport bereit.

Verkehrswende samt Energiewende: Wie herausfordernd ist die große Transformation hin zur Mobilität von morgen für Sie als traditionsreiches und international tätiges Logistikunternehmen?


Es ist intensiv, keine Frage. Wir haben uns unsere Ziele nicht aus einem Selbstzweck heraus gesetzt. Es ist uns viel mehr bewusst, dass wir als Dienstleister in diesem Segment einen Einfluss haben. Wir setzen auf Nachhaltigkeit. Die Frage ist nur: Wie geht es weiter? Ich vernehme, dass es in einigen Bereichen ein Zurückrudern gibt, auch auf EU-Ebene. Ich kann verstehen, warum es passiert. Man muss in der heutigen Zeit eine gewisse Flexibilität an den Tag legen. Wir als Unternehmen bleiben aber bei dem, was wir uns selbst vorgenommen haben. Wie sich die gesetzliche Regulatorik entwickelt, ist eine andere Frage.


Gibt es diesbezüglich neue Berufsbilder und das entsprechende Personal?


Das betrachten wir differenziert zwischen den Transportern und dem Transportgut, also den E-Autos. Ja, grundsätzlich entstehen neue Anforderungen. Doch nicht in dem Ausmaß, dass ich das Berufsbild komplett verändert. Es adaptiert sich. Unsere Lkw-Mechaniker müssen einfach befähigt sein, auch Elektrofahrzeuge angreifen zu können. Das Gleiche gilt für die Arbeit an den E-Pkw. Da wird das Personal entsprechend geschult. Wir investieren in unserem Unternehmen generell viel in Aus- und Weiterbildung, betrachten die Elektromobilität also als eine weitere Komponente in diesem Bereich.


Auf Strassen und Schienen -Das Netzwerk von Hödlmayr reicht vonden Benelux-Ländern bis in die Türkei. Viele Autos werden per Bahn an die jeweiligen Zielorte transportiert.
Auf Strassen und Schienen -Das Netzwerk von Hödlmayr reicht vonden Benelux-Ländern bis in die Türkei. Viele Autos werden per Bahn an die jeweiligen Zielorte transportiert.

Rund um Ihre Zentrale in Schwertberg stehen hunderte von Fahrzeugen, die Sie von dort aus zu den Standorten der entsprechenden Händler transportieren. Wie hoch ist der Anteil der akkubetriebenen Modelle inzwischen bei Ihnen?


Es sind 15 bis 20 Prozent rein elektrische Fahrzeuge – mit steigender Tendenz. Wir spüren, dass der Markt ein gewisses Interesse daran hat. An den Hybridmodellen ebenfalls. Die Frage ist auch hier, wie es entwickelt: Stichwort Förderung und andere Anreizsysteme.


Wie unterscheiden sich die Märkte für Elektromodelle europaweit?


Es gibt Länder, da ist es offensichtlicher. Dort, wo bereits vor einigen Jahren gesetzliche Bestimmungen gab, welche die E-Mobilität vorangetrieben haben. Wenn ich von uns als Unternehmen spreche, betrachte ich immer unser gesamtes Netzwerk. Wir sind auf der Landkarte von den Benelux-Ländern beginnend bis hinunter in die Türkei vertreten. Da gibt es schon gewisse Unterschiede. In Rumänien ist der Markt noch nicht so ausgeprägt, da schaut es anders aus als Belgien oder den Niederlanden. Klar ist auch: Der Bereich der Privatkunden gestaltet sich derzeit schwieriger als der gewerbliche.


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An welchen Stellen hakt es noch?


Es gibt ja die allseits bekannte Kurve, die beschreibt, wie schnell sich der Mensch auf Innovationen einlässt. Die Früheinsteiger, der Massenmarkt und am Ende schwächt es sich wieder ab. Ich denke, wir befinden uns gerade in der Phase kurz vor dem Massenmarkt. Es gilt für das E-Auto genauso wie für den Lkw: Wir haben weiterhin das Thema Ladeinfrastruktur, wobei ich davon überzeugt bin: Wenn man es wirklich möchte, kann man auch heute schon gut damit zurechtkommen. Wir haben das Thema Kosten. Die E-Fahrzeuge sind im Vergleich einfach noch ein bisschen teurer. Und es geht um die Verfügbarkeit der Fahrzeuge. Da lautet die Frage: Ist es der Kaufprozess attraktiv, wenn ich mehrere Monate lang auf mein Auto warten muss?


Logistik europaweit Die Hödlmayr International GmbH ist ein familiengeführtes Logistikunternehmen mit Sitz im oberösterreichischen Schwertberg. Gegründet im Jahr 1954 von Johann Hödlmayr, prägt es heute die Automotive-Logistik europaweit. Seit der Spezialisierung auf Fahrzeugtransporte 1961 hat sich Hödlmayr vom regionalen Dienstleister zu einem internationalen Komplettanbieter entwickelt. Das Unternehmen ist in 16 Ländern vertreten und beschäftigt rund 1800 Mitarbeitende.


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Transport, Lagerung, Aufbereitung, Veredelung sowie Spezialumbauten und der Transport schwerer Fahrzeuge – das sind die wesentlichen Leistungen des Dienstleisters. Hödlmayr betreibt eines der größten Netzwerke für Fahrzeuglogistik in Europa mit 620 Fahrzeugspezialtransportern, eigenen Ganzzugkonzepten und einer Lagerkapazität für 55.000 Fahrzeuge. Jährlich werden rund 1,9 Millionen Vehikel transportiert, davon etwa zehn Prozent umweltfreundlich per Bahn.


Als renommierter Releasing Agent wickelt Hödlmayr für vier Autofabriken jährlich 700.000 Neufahrzeuge ab. Nachhaltigkeit, innovative Mobilitätskonzepte und kontinuierliche Investitionen in Infrastruktur und alternative Antriebe prägen laut eigenen Angaben die Ausrichtung des Unternehmens. 2024 erzielte Hödlmayr einen Umsatz von 433 Millionen Euro. Das Unternehmen wird seit Juli 2024 von Johannes Alexander Hödlmayr geführt, unterstützt von CFO Robert Horvath und Andreas Sundl, der als COO fungiert.


Fotos: Hödlmayr

 
 
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