"Das Laden muss einfach sein" - CEO Markus Tatzer über die Vision von Moon Power
- Armin Grasmuck

- vor 4 Tagen
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Herzlichen Glückwunsch zu dem Triumph beim Ladetest von electricar! Waren Sie überrascht, dass Sie österreichweit vorn liegen?
Markus Tatzer: Vielen Dank, es hat uns sehr gefreut. Ja, wir waren überrascht. Wir tun Vieles, damit wir Bekanntheit, Größe und Qualität schaffen. Doch es gab einige namhafte Mitbewerber. Da konnten wir nicht unbedingt davon ausgehen, das wir diesen Ladetest gewinnen werden.

Ihr Erfolg basiert auf starken Ladeleistungen und günstigen Tarifen. Wie schaffen Sie es, den Autostrom zu derart attraktiven Raten anbieten zu können?
Unser Ansatz ist: Das Laden muss einfach sein. Wir wollen es so einfach wie möglich machen. Wenn wir uns überlegen, wie viele Fakten und Mythen es gab, die gegen die E-Mobilität sprachen: zehn und mehr. Jetzt haben wir fast alle ausgeräumt. Die letzten zwei Themen sind: Die Restwertstabilität der Autos, die wird jedoch besser, weil die Modelle günstiger werden. Und der Wilde Westen des Ladens – weil ich nicht weiß, mit welcher Karte ich wo und wie viel bezahle. Es fehlt die Transparenz. Wir möchten dem Kunden das Laden erleichtern. Der Großteil der E-Fahrzeuge sind Dienstwagen. Da liegt der Schwerpunkt in der Finanzierung. Unser Ziel lautet also: einheitliche Ladetarife, so transparent wie möglich und eventuell sogar in die Leasingrate hineingerechnet. Damit der Fuhrparkmanager im besten Fall schon vorher weiß, was ihn das Fahrzeug kosten wird. Wir möchten Klarheit und Einfachheit schaffen. Speziell dort, wo es möglich ist, zum Beispiel mit Grünstrom, versuchen wir, preislich attraktiv zu sein.
Im Ladetest war der Audi Charging Hub in Mooncity, die schnellste Stadtladestation im Land, herausragend. Was steckt hinter dem Konzept an Ihrem Stammsitz ?
Mooncity ist das Headquarter der Moon Power GmbH, die in einem großen Spektrum aus der Erzeugung von Grünstrom, AC- und DC-Laden, Stromspeicher, Energiesysteme und Lastmanagement agiert, auch mit innovativen Themen der Zukunft wie dem bidirektionalem Laden, Truck-Charging, dynamischem Preismanagement und Stromaggregationen, um die Energie auch handelbar zu machen. Was die Mooncity, passenderweise an der Sterneckstraße in Salzburg gelegen (lacht), betrifft, da hatten wir folgenden Gedanken: Der Kunde hat während des Ladens eine gewisse Wartezeit zu überbrücken – ähnlich wie am Flughafen, wo die Passagiere nach dem Einchecken auf den Abflug warten. So kamen wir auf die Idee der Mooncity. Wir wollten den Ort des Wartens in einen Ort des Erlebens verwandeln. Wir überlegten: Welchen Mehrwert können wir dem Kunden während des Wartens bieten? Zuerst natürlich ein Lade-Highlight – schnell, überdacht, barrierefrei und 15 Minuten vorher reservierbar. Während des Ladens hat er in der Mooncity einen Lounge-Bereich in guter Atmosphäre, wo er seinen Kaffee oder ein Wasser kriegt. Er kann seine E-Mails checken oder telefonieren – unabhängig davon, mit welchem Auto er vorfährt.

Stimmt es, dass Ladekunden in Mooncity auch Elektroautos testen können?
Stimmt, wir wollen den Kunden auch mit unseren Produkten aufladen. Da stehen Fahrzeuge, auch unsere gesamte Ladeinfrastruktur. Hier bieten wir Beratung rund um das Thema E-Mobilität. Und ja, jedes der Autos, die dort zu sehen sind, kann sofort und ohne Reservierung zur Probe gefahren werden. Wir brauchen nur den Führerschein, einen unterschriebenen Leihvertrag – los geht‘s. In der Mooncity gibt es auch ein Restaurant, das bewusst nachhaltig konzipierte Gerichte serviert.

Welche Dienste können Sie Betrieben und Unternehmen generell auf dem Weg in die Mobilität von morgen anbieten?
Über die Porsche Holding, unseren Muttergesellschaft, erfahren wir es meist sehr schnell, wenn ein Kunde bereit ist, die Transformation voranzutreiben – weil er ein entsprechendes Interesse am Auto hat. Dann kommen wir ins Spiel: Im ersten Schritt betrachten wir den jeweiligen Standort. Welche Infrastruktur ist vorhanden? Wie hoch ist die Leistung des Netzes? Wie ist das Gebäude ausgestattet? Gleichzeitig schauen wir uns den Bedarf an: Wie viele Fahrzeuge sind im Einsatz? Und wann müssen sie geladen werden? Basierend auf den Bedürfnissen des Kunden, konzipieren ein Ökosystem für seinen Standort. Es beginnt mit der Erzeugung von Grünstrom, Photovoltaik und dem Speicher. Gerade sind wir in die Thematik Second-Life-Speicher eingedrungen. Da geht es um Batteriemodule, die schon ein Fahrzeugleben lang im Einsatz waren, technisch noch in Ordnung sind und nun als stationärer Speicher verwendet werden können. Dazu kommt das breite Feld der Ladeinfrastruktur, das Energiemanagement, virtuell auch über mehrere Standorte steuerbar. Gern betreiben wir für den Kunden zudem Ladestationen, die gesamte Abrechnung inklusive. Natürlich stehen wir mit eigenen Technikern auch für die Wartung und zur Behebung von Störungen bereit.
In welchen Bereichen hakt die große Transformation noch gewaltig?
Wir können es in Wellen betrachten. Die erste Welle waren die Pioniere, Tesla kam auf den Markt, es war cool. Die zweite Welle waren die Dienstwagennutzer, auch aufgrund der steuerlichen Vorteile. Die dritte Welle rollt gerade: Aufgrund der Energiekrise, die wir hatten, setzten viele auf PV-Anlagen. Jetzt haben sie den Strom und denken plötzlich darüber nach, sich zumindest einen gebrauchten als Zweitwagen anzuschaffen. Das hat dem Gebrauchtwagenmarkt spürbar einen Kick gegeben. In der vierten Welle, die gerade beginnt, werden die Fahrzeuge neu positioniert. Sie sind deutlich günstiger, und es kommen endlich erschwingliche Kleinwagen auf den Markt. Das größte Problem war, das zu Beginn viel Druck mit Verboten aufgebaut wurden. Gleichzeitig hatten wir zuletzt Wahljahre, in denen mit dem Thema E-Mobilität
keine Stimmen zu gewinnen waren.

Ihre Zentrale ist in Salzburg, Sie sind auch in Deutschland aktiv. Welche
Ambitionen haben Sie im Ausland?
Wir haben zwei Rechtsformen, eine in Salzburg und eine in Eching bei München. In Deutschland beschäftigen wir uns nur mit dem deutschen Markt. Von Österreich aus konzentrieren wir uns auf das internationale Geschäft. Wir haben dort über die Porsche Holding den jeweiligen Groß- oder Einzelhandel sitzen und siedeln je nach Bedarf und Bereitschaft für E-Mobilität unsere Teams an. Aktuell haben wir rund 20 Märkte angebunden. In Schweden rollen wir etwa das volle Portfolio aus. Dagegen ist unser Angebot in Mazedonien, wo der Markt noch in den Kinderschuhen steckt, geringer.

Was sind die nächsten Projekte, die Moon Power zeitnah vorantreiben wird?
Der Markteintritt in Italien ist international gesehen das größte Projekt. Wenn es um das Produktportfolio geht, da arbeiten wir gerade intensiv am Thema Megawatt-Charging. In Rumänien bauen wir eine entsprechende Station. Was die Zukunft betrifft: Stichwort Paketzusteller. Da kriegen die Fahrzeuge einen zusätzlichen Nutzen als hocheffiziente Energiespeicher und -lieferanten. Den Namen dieses Kunden darf ich an dieser Stelle leider noch nicht nennen. (lacht)
Location mit E-Faktor

Mooncity ist ein innovatives Kompetenz- und Erlebniszentrum für Elektromobilität, das am Stammsitz von Moon Power – einer Tochtergesellschaft der Porsche Holding – in Salzburg betrieben wird.
Modern und multifunktional mit einer Eventfläche von 700 Quadratmetern für bis zu 200 Personen. Das Design der Mooncity basiert symbolisch auf den zwei Seiten des Monds: Die helle Seite ist laut Betreiber als einladender Loungebereich gestaltet, ideal zum Entspannen und Verweilen während des Ladens. Dagegen dient die dunkle Seite, ausgestattet mit moderner Eventtechnik, als Ort für Präsentationen, Seminare und Veranstaltungen. In der Mooncity sind darüber hinaus aktuelle Elektromodelle der Volkswagen-Gruppe zur Probefahrt verfügbar. Nachhaltigkeit hat hier hohen Stellenwert, zertifiziert unter anderem durch das Umweltzeichen „Green Location“.


