„Wenn man die Produktion eines E-Autos einbezieht, ist es gar nicht klimafreundlicher als ein Verbrenner.“ - Diese Behauptung hält sich hartnäckig und nicht weniger als 58 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage des VDA halten es für fraglich, dass E-Autos umweltfreundlicher sind als Verbrenner. Wir gehen diesen Fragen auf den Grund und klären auf.
Zwar gelten Elektroautos als klimafreundlich im Betrieb, aber es tauchen immer wieder widersprüchliche Pressemeldungen und Studien über E-Autos auf, die uns an deren besseren CO2-Bilanz zweifeln lassen. Daher stellen wir uns folgende Fragen:
Sind Elektrofahrzeuge tatsächlich umweltfreundlicher als moderne Benziner und Diesel? Wie umweltfreundlich sind Elektroautos? Und wieviel Klimafreundlichkeit bleibt bei einem Elektroauto noch übrig, wenn man nicht nur auf den Betrieb schaut, sondern auch die Emissionen der Strombereitstellung und der Herstellung des Fahrzeugs berücksichtigt und schließlich auch noch den erhöhten Rohstoffbedarf im Auge behält?
Nicht klimaneutral, aber …
Fakt ist, ein Elektroauto fährt nicht klimaneutral. Zwar gibt es keine Emissionswerte für CO2 und Feinstaub im Betrieb, aber für die Bereitstellung des Ladestroms durch Kraftwerke werden Treibhausgase ausgestoßen, wenn dabei fossile Energieträger wie etwa Kohle zum Einsatz kommen. Würden wir also nicht auf erneuerbaren Strom zurückgreifen, hätten Elektrofahrzeuge sogar eine sehr schlechte Klimabilanz. Glücklicherweise aber wird der Strom mindestens zur Hälfte bereits aus erneuerbaren Energien hergestellt. Im Jahr 2020 lag der Anteil in Deutschland bei rund 56 Prozent, in Österreich gar bei 81 Prozent und in der Schweiz ist der Strom zu drei Viertel grün. Tendenz stark steigend. In Deutschland lag der Anteil im Jahr 2019 bei 45 Prozent, ein Jahr davor bei rund 40. Die Regierung in Deutschland setzt sich das Ziel, den Strom bis zum Jahr 2050 nur noch aus regenerativen Energieträgern herzustellen. Kein unerreichbares Vorhaben.
… heute schon mindestens 23 % besser
Doch bereits in diesem Jahr sind es ca. 65 Prozent und daher fahren Elektroautos schon heute deutlich klimafreundlicher als Verbrennerfahrzeuge. Das Bundesministerium für Umwelt in Deutschland hat eine ganzheitliche Bilanz gezogen und im Januar 2021 ein Papier veröffentlicht (bit.ly/ec_bmu-bilanz). Darin kommt man basierend auf Daten des ifeu (Institut für Energie und Umweltforschung Heidelberg) zu dem Ergebnis, dass ein E-Auto der Kompaktklasse über den gesamten Lebenszyklus gegenüber einem vergleichbaren Benziner etwa 30 Prozent weniger Klimagase erzeugt. Der Diesel schneidet hingegen nur 23 Prozent schlechter ab.
Kohlenstoffdioxid-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus am Beispiel eines Pkw der Kompaktklasse
Direkte Emissionen von Stickoxiden (NOx) und Feinstaub (PM) in Milligramm pro Kilometer auf Basis der Flottenzusammensetzung und der Neuzulassungen im Jahr 2020
Wenn wir davon ausgehen, dass der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Strommix bis 2030 tatsächlich auf 65 Prozent steigt, was mehr als realistisch ist, und die der Energieeinsatz bei der Herstellung von Batterien für E-Autos weniger wird und außerdem erwarten dürfen, dass die Förderung fossiler Kraftstoffe zeitlich begrenzt ist, dann wird sich bis zum Jahr 2030 der Klimavorteil des Elektroautos gegenüber einem Benziner auf 42 Prozent erhöhen. Und bei einem Diesel auf 37 Prozent.
Und was ist mit der Produktion?
Das alles sind Werte, die den Betrieb eines E-Autos und die Herstellung des Stroms berücksichtigen, nicht aber die energieintensive Herstellung von Batterien. Wie wirkt sich diese auf die Klimabilanz aus?
Einem E-Auto wird doch nachgesagt, bei der Herstellung besonders viele Ressourcen zu verbrauchen. Und in der Tat ist es so, dass beim kumulierten Rohstoffaufwand Elektrofahrzeuge heute noch schlechter abschneiden als ihre Verbrenner-Kollegen. Gerade für die Produktion einer Lithium-Ionen-Batterie werden viele herstellungsintensive Materialien benötigt. Das ist einmal Kobalt, dessen Abbau vor allem im Kongo aus ethischen Gründen als problematisch gilt. Die Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe schätzt, dass rund 20 Prozent des Kobalts dort unter schwierigen, teils menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut werden. Zudem werden weder Sicherheitsstandards noch Umweltstandards eingehalten.
Auch Nickel und Kupfer sowie Lithium sind für Batterien benötigte Rohstoffe, die in der Kritik stehen. Nickel wird zum größten Teil in Indonesien und auf den Philippinen abgebaut, das meiste Kupfer kommt hingegen aus Chile.
Auch die Lithium-Produktion muss hinterfragt werden. Zwar wird mehr als die Hälfte des globalen Lithiumbedarfs in Australien gewonnen, aber die Förderung in Chile und Bolivien ist besonders umweltschädlich. Um in dieser Region eine Tonne Lithium zu produzieren, werden bis zu 2 Millionen Liter Sole benötigt. Und dadurch sinkt der Grundwasserspiegel beträchtlich. Nun ist der Wasserbedarf für die Lithiummenge einer einzigen E-Auto-Batterie für ein ganzes Fahrzeugleben nur etwas höher als jener für die Erzeugung von gut einem Kilogramm Rindfleisch, aber das kann die Wasserknappheit ja nicht verbessern.
Zum Glück hört der technologische Fortschritt bei Batterien nicht auf. Es gibt inzwischen Batterien, die ganz ohne Kobalt auskommen und bei geringerem Rohstoffeinsatz sogar höhere Reichweiten ermöglichen. Was die soziale Verträglichkeit des Abbaus und die Lieferketten betrifft gib es zumindest immer mehr gesetzliche Anstrengungen.
Der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft der EU sollen einen neuen Rechtsrahmen für Batterien schaffen. Darin soll es nicht nur um Recycling gehen, sondern auch um die nachhaltige Beschaffung der Rohstoffe und einen umweltfreundlichen Herstellungsprozess der Batterien.
Alternativen zu E-Autos
Was die Brennstoffzellen-Technologie betrifft, so ist zumindest der Betrieb der PKWs genauso emissionsfrei wie jener von Elektroautos. Aber die Erzeugung des Wasserstoffs und die anschließende Verstromung in der Brennstoffzelle sind eben nicht völlig klimaneutral.
Synthetische Kraftstoffe haben einen großen Nachteil: Die Nutzung in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ist im Vergleich zum E-Motor weitaus weniger effizient. Zudem verbraucht die Erzeugung der Kraftstoffe mehr Energie als anschließend als Kraftstoff zur Verfügung steht.
Fazit
Wenn man nicht gerade den Studien der Benzin-Lobby Glauben schenkt, dann hat ein E-Auto während des gesamten Lebenszyklus einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck als ein Verbrenner. Das Papier, welches vom BMU in Auftrag gegeben wurde, kommt zum Schluss, dass der Nachteil der batteriebedingten klimaschädlichen Produktion eines Stromers nach einigen Tausend Kilometer Fahrleistung kompensiert wird. Selbst wenn man dabei 40.000 oder 50.000 Kilometer ansetzt, ist ein E-Auto nach ca. zwei Jahren Betrieb klimafreundlicher. Tesla hat sogar eine Studie veröffentlicht, die belegt, dass ein Model 3 nach ziemlich genau 8.600 Kilometern weniger CO2-Emissionen verursacht als ein gleichgestellter Verbrenner. Das mag zu hinterfragen sein, immerhin ist Tesla bemüht die Aktie in den S&P 500 ESG Index zu hieven. ESG steht dabei für Environment, Social und Governance, also Umwelt, Gesellschaft und gute Unternehmensführung. Da ist der Unternehmensführung von Tesla ein noch besserer CO2-Fußabdruck der eigenen Flotte natürlich willkommen. Ob rund 10.000 Kilometer oder 50.000, ob 30 oder 42 Prozent, wenn es darum geht die Ziele des Klima- und Umweltschutzes im Straßenverkehr zu erreichen, kommen wir um Elektroautos nicht herum.
Allerdings können sie nicht die einzige Lösung sein. Mikromobilität in den Städten sowie der Ausbau des Radnetzes und des öffentlichen Verkehrs sind weitere wichtige Ansatzpunkte. Dennoch wird der weitaus größte Teil des Verkehrs auch weiterhin mit motorisierten Fahrzeugen erbracht werden und deshalb ist es wichtig, E-Autos weiterhin zu fördern und den Strom noch schneller zu 100 Prozent grün zu machen.
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